Streiflichter von der 27. Auflage der Deutschen Literaturtage in Reschitza
Ausgabe Nr. 2526
„Was ist ein Klapotetz?“ Diese Frage und viele andere Fragen bekamen bei der 27. Auflage der Deutschen Literaturtage in Reschitza eine Antwort. Schon allein, um dies zu erfahren, lohnte sich die Reise zu der traditionellen Veranstaltung des Kultur- und Erwachsenenvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“, die in diesem Jahr vom 6. bis 10. April mit Gästen aus dem In- und Ausland bestens ausgestattet war. Auch in diesem Jahr stand die Plurikulturalität im Mittelpunkt, wobei die gemeinsame Sprache Deutsch war. In Slowenien ist nämlich das in den Weingärten in der Oststeiermark gegen Vögel eingesetzte, „Klapotetz“ genannte Windrad, als „Klopotetz“ bekannt, wie der slowenische Autor Ales Tacer am ersten Abend erzählte, an dem Hans und Grete Riedl aus der Südsteiermark aus ihren hausbackenen Texten lasen.
Einige Texte in der Mundart, die dem Schwäbischen ähnlich ist. Besonders gefallen hat dem Publikum, dass sie auch Werbefilme für das „Vulkanland“ präsentierten, wie ihre Heimat genannt wird.
Im Vorfeld der feierlichen Eröffnung am Freitag stellte die in Hermannstadt geborene Autorin Dagmar Dusil ihr Kinderbuch „Tor für die Sterne“ Grundschülern der deutschen Abteilung am Diaconivici-Tietz“-Nationalkolleg vor. Besonders die Viertklässler hatten viele Fragen an die Autorin und es bleibt zu hoffen, dass diese Schülerinnen und Schüler irgendwann das Publikum der 40. Auflage der Deutschen Literaturtage sein werden.
Mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde von Reschitza an den Historiker Dr. Volker Wollmann verzeichnete die Veranstaltung das erste Jubiläum: Wollmann wurde zu seinem 75. Geburtstag geehrt, den er am 17. April feiern durfte. Einen passenderen Ort hätte man wohl nicht finden können, schließlich blickt Reschitza auf 246 Jahre Industriegeschichte zurück und Wollman sei der erste Direktor des einschlägigen Museums gewesen wie Dumitru Țeicu, aktueller Direktor des Reschitzaer Museums, in seiner Laudatio sagte. Im Anschluss an die Feierstunde im Stadthaus stellte Wollmann in der Alexander Tietz-Bibliothek den sechsten Band seines inzwischen 2.300 Seiten starken Werkes über das vorindustrielle und industrielle Erbe Rumäniens vor und verriet, dass er schon an dem siebenten Band arbeite, den er dem Thema Kino widmen möchte. Prof. Dr. Rudolf Gräf, Prorektor der Klausenburger Babeș-Bolyai-Universität und ehemaliger Schüler von Wollmann, stellte in seiner Ansprache die Frage in den Raum „Wie geht eine Gesellschaft mit ihrem Erbe um?“
Die erste Lesung nach der feierlichen Eröffnung im Festsaal des Sozialzentrums „Frédéric Ozanam“ der Reschitzaer „Gemeinschaft zum Heiligen Vinzenz von Paul“, bei der zwei Fotoausstellungen eröffnet wurden (eine über „Verborgene Schätze Sloweniens“ von Gero Angleitner und eine über die „Augen der Stadt Reschitza“, von Camelia Duca), bestritten die Autoren Horst Samson (der erstmals dabei gewesen ist), Nora Iuga, Joachim Wittstock, Dagmar Dusil, Benjamin Józsa, Edith Guip-Cobilanschi und der Übersetzer Simion Danila.
Nachdem am Samstag Carmen-Elisabeth Puchianu mit einer Lesung von „Fragmenten aus unveröffentlichten Typoskripten“, eigentlich eine Fortsetzung ihres Romans „Patula lacht“ (2012) den Reigen der Lesungen eröffnet hatte, stand ein zweites Jubiläum im Vordergrund: 25 Jahre Stafette-Literaturkreis in Temeswar. Den Jubiläumsband stellte Balthasar Waitz vor, der auch aus seinem Roman „Das rote Akkordeon“ vorlas.
Weitere Mitglieder des Stafette-Literaturkreises, Henrike Brădiceanu-Persem, Robert Tari und Benjamin Burghardt, stellten ihre neuesten Texte vor.
Überraschend lebendig wirkte der Vortrag von Edith Guip-Cobilanschi über Martin Luther, gefolgt von Lesungen aus dem Sammelband des Marburger deutschen Vereins „Brücken“ (Slowenien) und von Ivan Korponai aus seinem neuen Gedichtband. Am Abend stand die Musik im Mittelpunkt. Erwin Josef Țigla stellte die Neuerscheinung „Musikalische Streiflichter“ vor, ein Sammelband mit Konzertchroniken des bei den Deutschen Literaturtagen 2016 verstorbenen Waldemar Günter König vor und würdigte den Verstorbenen als eifrigen Mitstreiter der „Deutschen Vortragsreihe Reschitza“. Im Anschluss brachte das Intermezzo-Ensemble des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen Schwung in die Veranstaltung.
Wie es sich in diesem Jahr gehört, in dem das 500. Jubiläum der Reformation gefeiert wird, fand am Palmsonntag in der evangelischen Kirche in Reschitza ein Gottesdienst statt. Prof. Dr. Hans Klein hielt die Predigt und stellte danach mehrere Veröffentlichungen zur Reformation in Siebenbürgen vor.
Dem 200. Jubiläum des Alten Theater von Orawitza gewidmet war am Nachmittag die ausgezeichnete und wie immer unterhaltsame Vorstellung des Kronstädter „Duo Bastet“ mit „Das neue Stück“, von und mit Carmen Elisabeth Puchianu und Robert Gabriel Elekes.
Zum endgültigen Ausklang am Montag stand erneut ein Jubiläum im Mittelpunkt. In der Semn de carte-Buchhandlung würdigte Edith Guip-Cobilanschi den Schriftsteller und Journalisten, ehemals Chefredakteur des Neuen Wegs, Anton Breitenhofer zu dessen 105. Geburtstag.
Nach vier Tagen Literatur satt bräuchte man nun wenigstens ein halbes Jahr Muße, um alle mitgebrachten Bücher zu lesen. Dafür sei dem Hauptorganisator Erwin Josef Țigla besonders gedankt.
Beatrice UNGAR
Foto 1: Die 27. Auflage der Deutschen Literaturtage in Reschitza fanden vom 6. bis 10. April d. J. statt. Unser Bild: Das Kronstädter „Duo Bastet“ – Carmen Elisabeth Puchianu (rechts) und Robert Elekes – präsentierte „Das neue Stück“ auf der Bühne des Theaters in Orawitza, das in diesem Jahr sein 200. Jubiläums feiert.
Foto: Erwin Josef ȚIGLA
Foto 2: Dr. Volker Wollmann (rechts) feierte am 17. April d. J. seinen 75. Geburtstag. Aus diesem Anlass und für seine Verdienste um das industrielle Erbe ehrte ihn Bürgermeister Ioan Popa mit der Ehrenbürgerschaft von Reschitza.
Foto 3: Balthasar Waitz, Benjamin Burghardt, Simion Dănilă und Erwin Josef Țigla (v. l. n. r.) bei der Lesung in der Alexander Tietz-Bibliothek.