Jubiläumstagung der Kronstädter Germanistik mit Schwerpunkt Reformation
Ausgabe Nr. 2524
2017 ist das Jahr der Jubiläen. Seit nunmehr 10 Jahren wird im Rahmen der Lutherdekade das 500. Reformationsjubiläum vorbereitet. Nun fand vom 30. März bis 1. April in Kronstadt die 20. Internationale Tagung der Kronstädter Germanistik statt. Und wo liegt da die Verbindung? Nun, die bot sich an, da doch Luther durch seine Bibelübersetzung die Grundlagen der neuhochdeutschen Sprache geschaffen hat. So stand die Tagung unter dem, wie sich herausstellte, äußerst inspirierenden Motto: „’Es ist keine Lehre so närrisch oder so schändlich, die nicht auch Schüler und Zuhörer finde.’ Luthers Reformation und deren Wirkung auf Kultur, Literatur und Sprache im deutschsprachigen Raum Mittel- und Südosteuropas.“
Rund dreißig Teilnehmer kamen in diesem Jahr in der schon bewährten Casa Speranței, einem Tagungszentrum der reformierten Kirche, zusammen.
Die Tagung setzte mit einer dreifachen Buchpräsentation ein, und zwar wurden in chronologischer Abfolge der Band „kleinschreibungen“ von Robert G. Elekes, die Bände 15/16 und 17 der Kronstädter Beiträge zur germanistischen Forschung und, von den entsprechenden Würdigungen begleitet, die Festschrift „Schreiben zwischen Kulturen“ vorgestellt. Letztere haben die Kolleginnen von Carmen Elisabeth Puchianu, der Leiterin der Kronstädter Germanistik, zu deren 60. Geburtstag als Überraschungsgabe zusammengestellt. 26 Germanisten haben literatur- und sprachwissenschaftliche Studien, Übersetzungen aus den Texten Carmen Puchianus oder eigene literarische Texte für die 308-seitige Festschrift beigesteuert. Der kleine Empfang aus diesem Anlass wurde von dem Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt übernommen, das bei der Veranstaltung durch Herrn Harald Fratczak vertreten war.
Kulturell wurde die Tagung durch eine musikalische Darbietung des Kornstädter Musikerehepaars Elena und Paul Cristian, sowie durch die Aufführung der Theaterperformance des DUO BASTET mit „Das neue Stück“ von und mit Carmen E. Puchianu und Robert G. Elekes trefflich ergänzt.
Obwohl viele der Teilnehmenden, aus dem rumänisch-orthodoxen Glaubensumfeld kommend, nach eigenen Aussagen gewisse Schwierigkeiten mit der Annäherung an das Thema gehabt hatten, waren es gerade die zum Teil ungewohnten und ungewöhnlichen Perspektiven, die die Tagungsbeiträge oft besonders interessant machten. Die thematische Bandbreite der Vorträge war beachtlich: von der feinsinnigen Analyse eines Psalms, bzw. seiner zwei Übersetzungen, nach einem Streifzug durch 500 Jahre deutsche Lyrikgeschichte auf der Suche nach Luther gewidmeten Gedichten, über mehrere Vorträge zu Dramen, eine synthetische Schau der Luther-Rezeption, bis zur Besprechung der „ungehaltenen Rede“ der stets in den Hintergrund geschobenen Reformatorenfrau Katharina von Bora aus dem Buch von Christine Brückner.
Dem Tagungsort Kronstadt, Ausgangspunkt der siebenbürgischen Reformation unter Johannes Honterus, zollten die Beiträge zum Einfluss der Reformation auf den siebenbürgischen Humanismus und jene zu den Honterus gewidmeten Dramen von Traugott Teutsch und Egon Hajek Tribut.
Carmen Elisabeth Puchianu bot wie schon in den vorigen Jahren einen Vortrag zur performativen Umwandlung literarischer Texte, dieses Mal ging es dem Thema entsprechend um Krippen- und Auferstehungsspiele als Performance. Auch der kunstgeschichtliche Beitrag zum protestantischen Bildersturm und dem ikonografischen Programm der Gegenreformation oder der von einem türkischen Germanisten gebotene Beitrag zu Luthers so genannten „Türkenschriften“ bildeten eine willkommene thematische Ergänzung.
Aus sprachwissenschaftlicher bzw. onomastischer Sicht wurden Luthers Name und Vorname untersucht, sodann die Auswirkungen der Reformation auf die kulturelle und sprachliche Identität der Siebenbürger Sachsen, des weiteren ging es um Tiere und Tiermetaphern in der Bibel.
Einige Referenten bezogen sich in ihren Beiträgen auf die rumäniendeutsche Literatur und auch der Didaktikbereich wurde durch zwei Beiträge abgedeckt.
Im Anschluss an die Tagung fand die Jahressitzung des Landeskomitees der Gesellschaft der Germanisten aus Rumänien statt, da die meisten Mitglieder auch Tagungsteilnehmer waren. Dabei ging es vor allem um den 2018 in Großwardein geplanten Germanistenkongress.
Sunhild GALTER
Blick in den Tagungsraum (vorne links die Verfasserin des Berichts).
Foto: Carmen E. PUCHIANU