Europäische Gemeinden wollen ein Netzwerk aufstellen und gemeinsam arbeiten
Ausgabe Nr. 2506
Einen EU-Antrag für das Agrarprojekt „Ressource Lebensmittel bi(o)lateral sinnvoller nutzen” sollen mehrere europäische Gemeinden stellen. Initiator des Projektes ist die deutsche Gemeinde Groß-Zimmern, mit dabei ist auch Burgberg/Vurpăr bei Hermannstadt. Eine neunköpfige Delegation aus Groß-Zimmern hat Anfang November die rumänische Partnergemeinde zum ersten Mal besucht. Dabei waren auch Bürgermeister Achim Grimm, die Organisatoren Jürgen und Brigitte Günster sowie Hans Peter Wejwoda, Sachbearbeiter Sport, Kultur und Öffentlichkeitsarbeit, die mit der HZ-Redakteurin Ruxandra STĂNESCU über die Partnerschaft, die seit 2015 besteht, gesprochen haben.
Was haben Sie in Burgberg gemacht?
Achim Grimm: Wir haben uns auf den Weg gemacht, um uns zum Thema ökologischer Landanbau zu informieren, der überall noch ein bisschen in den Kinderschuhen steckt, auch wenn bei dem einen mehr, und bei dem anderen weniger. Der Gedanke war, ein europäisches Modell auszubauen, doch erstmal war es wichtig, uns kennen zu lernen und zu erfahren, wie die Leute in den verschiedenen Städten leben, wie ist das Thema Landwirtschaft besetzt, wo gibt es überall schon biologischen Landanbau, was wird produziert, wie wird es verarbeitet und vermarktet. Letztes Jahr haben wir uns in Groß-Zimmern auf dem jährlichen Kürbismarkt zum ersten Mal getroffen, jetzt zum zweiten Mal, um das ganze Projekt zu bestätigen und auszubauen.
Welcher ist der nächste Schritt?
A.G.: Wir werden einen gemeinsamen Internetauftritt für alle Gemeinden aufbauen, das macht die italienische Gemeinde.
Im nächsten Jahr werden alle Gemeinden beschäftigt sein…
A.G.: Ja, wir wollen 2018 einen gemeinsamen Förderantrag an die EU stellen, denn wir brauchen das ganze Jahr 2017, um die Ideen aller Kommunen auszuarbeiten. Das ist nochmal eine Herausforderung. Inzwischen haben wir eine gemeinsame Charta unterzeichnet, in der sich alle Kommunen verpflichten, den ökologischen Landanbau zu unterstützen. Darüber hinaus soll langfristig ein Netzwerk zwischen den beteiligten Kommunen aufgebaut werden.
Die Vorbereitungen dauern ein volles Jahr.
A.G.: Das ist ein Prozess, wir wollen auch die Menschen mitnehmen, das ist ganz wichtig und trotz aller Unterschiede haben wir eine Chance, in den nächsten Jahren etwas Positives zu entwickeln. Wir haben uns verpflichtet, in kleinen Schritten gemeinsam ein Projekt für die nächsten Jahre zu entwickeln.
Sind Sie zum ersten Mal in Rumänien?
A.G.: Wir waren zum ersten Mal in Rumänien, wir sind in der Kennenlernphase. Bürgermeister Michael Lienert und die Burgberger waren zum zweiten Mal in Groß-Zimmern im Oktober, zusammen mit Vertetern der beiden anderen Partnerstädte, Rignano sull’Arno aus Italien und Kriva Palanka aus Mazedonien aber auch mit einer Delegation aus der französischen Gemeinde St. Fargeau-Ponthierry. Jetzt haben wir die Gemeinde kennen gelernt, wie es in Burgberg und allgemein in Siebenbürgen aussieht, und wir haben uns dann informiert, wie die Landwirtschaft aufgestellt ist. Wir haben viele Schafe gesehen, ich denke 14.000 gibt es allein in Burgberg, die Tierhaltung ist groß. Schafe und Obst stehen hier im Mittelpunkt.
Welche Möglichkeiten gibt es, Apfelsaft und Schafskäse in Groß-Zimmern zu vermarkten?
Hans Peter Wejwoda: Es gibt schon kontrete Ideen, kleine gemeinsame Läden zu eröffnen. Es gibt da sogar eine Abschlusserklärung. In Burgberg wird es schwieriger sein, weil es keinen Markt gibt. Wenn also ein Laden eröffnet werden sollte, dann in Hermannstadt, aber es wird in allen Kommunen Möglichkeiten der Vermarktung geben.
Warum Burgberg in Rumänien?
H.P.W.: Die Agentur, die uns beraten hat, hat uns empfohlen, im Osten Europas Partner zu suchen, es ist sinnvoller und der Bedarf ist hier größer und die Erfolgsaussichten auf eine EU-Förderung sind viel größer. Und Burgberg haben wir ganz einfach gewählt…
Jürgen Günster: Meine Frau ist in Hermanstadt geboren, ihr Vater in Burgberg, wir fahren seit über 50 Jahren nach Rumänien… Michael Lienert, der Burgberger Bürgermeister ist Deutscher und er war sofort dabei und hier haben wir passende Strukturen gefunden.
A.G.: Gefunden haben wir eine tolle Gastfreundschaft, alles ist sehr familiär geprägt, aber auch eine Infrastruktur, die wir nur aus den Bildern nach dem Krieg kennen, ohne geteerte Straßen und Bäder und Toiletten in den Häusern. Für viele kleine Gemeinden ist es auch ein Kraftakt, Vieles hier zu ändern, und das geht nur in kleinen Schritten. Da muss man flexibel, erfinderisch und kommunikativ sein.
Kann man ihr Projekt „exportieren”?
H.P.W.: Ja, da sage ich mal sofort ja. Auch von der Agentur hat man uns gesagt, dass wir durch dieses Projekt in eine Marktlücke hineingestoßen sind. Viele Antragsteller beschäftigen sich mit der Geschichte, unser Projekt beschäftigt sich einfach mit einer Sache, die man weiter entwickeln kann.
Also Läden und Erfahrungsaustausch, was gehört noch zum Projekt?
A.G.: Man hört schon den Wunsch heraus, die freundschaftlichen Begegnungen zu festen Städtepartnerschaften zu entwickeln.
Vielen Dank.
Hans Peter Wejwoda, Ruxandra Stănescu, Jürgen Günster und Bürgermeister Achim Grimm (v. l. n. r.) beim Gespräch am Montag in der HZ-Redaktion. Foto: Beatrice UNGAR