Mehr Vision für die visuelle Kunst

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Ausgabe Nr. 2473
 

Junge Hermannstädter Künstler brauchen eigene Räumlichkeiten

 

„Unser” („Nostru”) – so nennt sich eine Gruppe junger Künstler in Hermannstadt, die von der eigenen Kunst nicht nur überleben, sondern auch die visuelle Kunst sichtbar machen wollen. Folglich luden sie zu  ihrer ersten „Gruppenausstellung” ein. Denn trotz des Kulturlebens fehlt der Stadt die visuelle Kunst, mit ihren eigenen Räumlichkeiten. Und das, obwohl es in der Stadt sowohl Künstler, als auch einen Teil des Publikums gibt, wie die „Unser"-Gruppe am vergangenen Wochenende bewiesen hat.

  Kurz und knackig war diese erste Ausstellung, nur wenige Stunden konnten die Besucher die Werke im ehemaligen Buchhandlungszentrum in der Xenopolgasse besichtigen, wo zur Zeit Casandra Vidrighin – eine der Künstlerinnen der Gruppe – ihr Atelier eingerichtet hat. Außer ihr sind noch Dan Raul Pintea, Lavinia Creţu, Ştefan Radu Creţu, Kristina Raţiu Demuth und Rasia Hagiu Mitglieder der „Nostru”-Gruppe. Ehrengast war diesmal Dan Perjovschi.

In mehreren Räumen durften die Besucher die verschiedenen Werke suchen und betrachten, zu jedem gab es auch eine schriftliche Erklärung. „Gruppenausstellung” war der Name dieser Ausstellung, und Dan Raul Pintea war diesmal nicht nur einer der Künstler, sondern auch Kurator der Ausstellung: „Wir haben uns überlegt, dass unsere erste Gruppenaktion eine gemeinsame Ausstellung sein soll. Und da wir als Gruppe agieren, lag es auf der Hand, unsere Ausstellung eben 'Gruppenausstellung' zu nennen. Dabei ging es nicht nur darum, dass wir gemeinsam ausstellen, sondern auch darum, unser Konzept als Gruppe vorzustellen. Und jeder hat in seinem eigenen Medium eine Arbeit vorbereitet – Graphik, Skulpturen, Installationen, Fotos, Videos, was jeder von uns eben arbeitet.”

Casandra Vidrighin: „Ich habe mein Atelier sehr gerne zur Verfügung gestellt, und es war auch schön, aber wir wollen uns entwickeln und möchten, dass mehr junge Künstler nach Hermannstadt  kommen. Unsere Gruppe ist an diesem Ort entstanden, und als erster Ausstellungsort war die Werkstatt ganz in Ordnung.”

„Das ist erst der Anfang”, erklärte auch Lavinia Creţu. „Wir haben Pläne für das ganze Jahr, wir haben auch weitere Ideen bekommen und man hat uns zeitweilig Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Das ist ein guter Anfang, aber wenn wir unseren Raum hätten, könnten wir unsere Pläne mit mehreren Künstlern aus der Stadt durchführen.”

Dabei geht es allen Künstler der Gruppe um die eigenen Ausstellungsräume: Die kurze Dauer der Ausstellung war als  „Protest gedacht, denn im Bereich zeitgenössischer visueller Kunst gibt es in Hermannstadt so gut wie gar nichts”, sagt  Ştefan Radu Creţu, der in Bukarest seit Jahren seine Installationen zeigt. Dabei will der Wahlhermannstädter auch hier ausstellen, genauso wie Raisa Hagiu, die in Klausenburg studiert hat: „Ich will, dass auch in Hermannstadt etwas geschieht, dass sich auch in diesem Bereich etwas bewegt. Ich bin keine gebürtige Hermannstädterin, ich habe aber in Hermannstadt das Kunstlyzeum besucht und obwohl ich seit mehreren Monaten in Bukarest lebe, bin ich an Hermannstadt sehr gebunden und will hier etwas bewegen.”

Es ging nicht nur um Kunst, sondern auch um Kommunikation und Kunsttherapie, wie Kristina Raţiu Demuth erläutert: „In meinem Werk gebe ich dem Zuschauer die Chance, eine Antwort auf meine Kunst zu geben, denn neben der Malerei sind ein Fragebogen und ein großes Blatt Papier für Rückmeldungen ausgelegt. Hinzu kommt folglich eine dritte ,Person', nämlich die Kommunikation.” Die Künstlerin hatte nämlich mehrere Jahre lang der Psychologie den Vorrang gegeben und kehrte mit dieser Ausstellung wieder in die Kunstszene zurück.

Dabei waren die Werke so unterschiedlich wie die Künstler selbst: Dort konnte man ein Video sehen, da ein Foto vom ersten Treffen oder eine Pflanze in einem Ziegelstein, hüben eine Graphik getarnt als Vorhang, drüben eine in einem Schrank versteckte Malerei oder eine Installation mit gierig nach Schokolade schnappenden Fischen.

Die Aktivitäten der Gruppe kann man auch auf Facebook verfolgen sowie die Werke aus der „Eintags-Ausstellung". Es soll noch was geschehen, versprechen die Künstler. Doch trotz geplanter Aktionen sind alles Notlösungen. Dan Raul Pintea: „Wir brauchen eben eigene Räumlichkeiten für unsere Kunst, und  hoffen, dass das Bürgermeisteramt uns dabei helfen kann.”      

Ruxandra STĂNESCU

 

Jeder, der die im Schrank versteckte Malerei fand, konnte seinen Senf dazugeben, Papier und Stift standen zur Verfügung.      

Foto: die Verfasserin

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst.