Traditionelle Gerichte neu gestaltet

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Ausgabe Nr. 2469
 

Stippvisite in dem Lokal „SyndicatGourmet" in der Marktgasse

 

Gut versteckt in Hermannstadts Altstadt liegt ein kleines indisches Restaurant, SyndicatGourmet, das bei den Touristen durch die verschiedenen Internetseiten besser bekannt ist als bei den Einheimischen. Dabei kann man gerade jetzt im Winter hier nicht nur eine leckere Krensuppe essen, sondern auch die beste Zitronentorte Hermannstadts (Vorsicht, sauer!). Und die Knoblauchsuppe ist ein Dauerbrenner.

 

Nicht rein indisch ist das Restaurant, die Inhaber nennen es „Asian Fusion”, denn es hat europäische Akzente und bietet dadurch auch mehr Schaffensfreiheit für die Köche. Allerdings muss man doch die indischen Gewürze mögen, sonst ist man fehl am Platz, denn nicht nur der Geruch ist da exotisch – es dominiert der Duft nach Kreuzkümmel -, sondern auch die Gerichte.

Ioan Bebeşelea, bei den meisten als Bebe bekannt, hat zusammen mit seinem Temeswarer Freund Raul Buzgar beschlossen, ein Restaurant zu eröffnen. Die Freundschaft der beiden stammt aus ihren Hochschuljahren, die Idee auch: „Da haben wir allerdings geträumt, mal eine eigene Taverne zu besitzen”, so Bebe. Inzwischen haben die beiden nicht nur ihr Studium beendet, sondern im Fall von Bebe auch ihre berufliche Laufbahn um 180 Grad geändert, denn der Restaurantbesitzer und Koch ist eigentlich gelernter Informatikingenieur. Inzwischen ist Raul Buzgar nicht mehr im Land, so dass Ioan Bebeşelea das Sagen und die Arbeit hier hat. „Nach der Uni-Zeit sind wir beide recht viel gereist, ich habe unter anderem sechs Monate in Indien gelebt. Als ich zurückkam, habe ich einfach Sehnsucht nach dem indischen Essen gehabt und angefangen, einige Gerichte zu kochen. Bis dahin war ich recht selten in der Küche aktiv, aber die ersten Versuche waren ein Erfolg, so dass ich 2012 einen Kochkurs gemacht habe. Ich habe es Raul erzählt, da hat er gedrängt, endlich ein Restaurant zu eröffnen. Anfang 2013 war er auch im Land – er arbeitet und lebt in China –  und wir haben die Firma gegründet. Per Zufall habe ich diese Location gefunden, die mir spontan auch sehr gut gefallen hat, auch wenn die Gipswände rosarot angestrichen waren. Die Renovierungsarbeiten haben wir auch mit  Hilfe von Freunden erledigt – das Budget war gering, und im Sommer 2013 waren wir startklar und konnten die ersten Kunden – unsere Freunde, natürlich – bedienen."

Die Investition wurde noch nicht wieder erwirtschaftet, da aber anfangs nur zwei Personen hier gearbeitet haben, konnten sie sich in den ersten Monaten über Wasser halten, ohne weitere Schulden zu machen. In den letzten Monaten ging es dann langsam aufwärts, so dass der Monat Januar dieses Jahres finanziell der Beste bisher war und es Zeit für eine neue Investition wurde – eine neue Arbeitsfläche für die Küche.

Nach und nach ist das Restaurant gewachsen, inzwischen sind hier sechs Mitarbeiter zu finden, geblieben ist der freie Montag. Auch die Gerichte sind inzwischen verschieden. Bebe: „Anfangs habe ich einfache Rezepte genommen, Gerichte, die ich besser kannte. Inzwischen entwickle ich eigene Rezepte und oft passe ich sie auch an, oder ersetze einige Zutaten, damit alles hier lokal zugänglich ist. Es ist zum Beispiel schwierig, frische und qualitativ gute Meeresfrüchte zu finden, da verzichte ich lieber darauf, bevor ich Kompromisse mache. Wichtig ist es für mich, lokale Produkte zu kaufen, und anfangs bin ich mit dem Fahrrad zum Markt gefahren, um einzukaufen. Inzwischen kennen wir auch viele der Produzenten, bei denen wir einkaufen und wir möchten auch damit die Lokalproduktion unterstützen.”

So gibt es für die Kunden oft schöne Überraschungen, wenn auf dem Markt auch Mal was Außergewöhnliches zu finden ist: Dann gibt es spontan für einen oder zwei Tage zum Beispiel ein Pfifferlingsgericht.

Dazu gibt es wie selten in Hermannstadt kostenloses Wasser auf dem Tisch, probieren sollte man allerdings die selbstgemachten Sirupe und Limonaden. Selbstgemacht heißt nicht nur in der eigenen Küche hergestellt, sondern auch zum Teil die Zutaten selber aus der Gegend eingesammelt oder gepflückt.

Auch wenn anfangs die Kocherfahrung gefehlt hat, wurde diese mit viel Enthusiasmus ersetzt, und Bebe spricht so gerne über das Essen, dass einem das Wasser schon vom Zuhören im Mund zusammen läuft. Dabei kann man lernen, dass Curry in Indien einfach Soße heißt und dass sie hier in der Küche ihre eigenen Gewürzmixturen zusammenstellen – bis zu zwölf Zutaten werden gemischt. Bebe erzählt auch gerne über ein neueres Gericht, Zunge mit  Hacipeci" (Hagebuttenmarmelade) oder die Knoblauchsuppe. Er macht auch nicht gerne allgemeine Empfehlungen, sondern will meistens herausfinden, was der Kunde in dem Moment eher wünscht, wobei er oft die saisongebundenen Gerichte empfiehlt, denn manchmal stehen sie nur wenige Wochen oder auch nur für einige Tage auf dem Speiseplan.

Außerdem sind die meisten Gerichte eben gemischt – fusion eben – da kann man z. B. hausgemachte Pasta mit indischen Soßen kosten.

„Wir haben kein Tagesmenü, weil wir dann Abstriche von der Qualität machen müssten, und darum lasse ich das lieber sein”, sagt Bebe, der den Speiseplan in den nächsten Monaten eher kürzen will. „Wir haben zwei Menüs, ein festes und ein saisongebundenes, und bieten über 40 Gerichte an. Dabei würden so um die 20 völlig ausreichen, denn wir kochen sie, solange wir Spaß daran finden. Da ist es einfacher, das Menü oft zu ändern. Einige Dauerbrenner haben wir wohl, aber warum sollte man immer das Gleiche essen, wenn man auch Neues angeboten bekommt? An diesem Konzept müssen wir  noch arbeiten, wir  wollen aber unsere Kunden oft überraschen können.”

Auch die Richtung wird immer klarer für Ioan Bebeşelea: „Ich möchte traditionelle Gerichte neu gestalten und würzen.” Auf den Geschmack kam er im Vorjahr durch eine gemeinsame Aktion mehrerer Restaurants, als alte Hermannstädter Rezepte von den verschiedenen Köchen neu interpetiert werden mussten. Dabei hat eines seiner Gerichte nicht nur gewonnen und kam auf den regulären Speiseplan, sondern führte auch zu einer Einladung, im Januar dieses Jahres auf der Wiener Ferienmesse (14.-17. Januar), regionale Spezialitäten bei der Live-Kochshow zu kochen, zusammen mit zwei weiteren Köchen aus Rumänien.

Diese Neuerung heißt also auch, dass man im Frühling bald Brennnesselsuppe probieren kann, und im Sommer vielleicht die Erbsen-Minze-Suppe wieder auf dem Speiseplan steht. Da wird allerdings auch recht bald die winterliche Krensuppe vom Menü verschwinden. Wer sie also kosten möchte, müsste sich beeilen oder sich per Internet (www.syndicatgourmet.ro) oder Facebook informieren. Nicht vergessen sollte man da die Desserts.

 Die Kunden des Restaurants an der Marktgasse/Str. Târgului kommen nicht nur per Empfehlung sondern auch zufällig, was Bebe sehr erfreut: „Ich finde, dass der Fingerlingsplatz einer der schönsten Plätze Hermannstadts ist.”

Ruxandra STĂNESCU

 

Ioan Bebeşelea, der Chefkoch des Hermannstädter SyndicatGourmet, bei der Live-Kochshow auf der Wiener Ferienmesse, wo er traditionelle rumänische Gerichte zubereitete, die er mit neuen Gewürzen anrichtete und somit das Publikum überraschte.                 

 Foto: Gabriela CUZEPAN

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gastronomie.