„Tu, was du tust, mit Herz“

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Ausgabe Nr. 2462
 

Gespräch mit Gerhild Rudolf, Leiterin des Teutsch-Hauses in Hermannstadt

 

Gerhild Rudolf, seit 2012 Kulturreferentin und Leiterin des Friedrich Teutsch-Begegnungs- und Kulturzentrums der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, wurde in Kronstadt geboren, wo sie das Honterus-Lyzeum besuchte. Nach Hermannstadt kam sie als Studentin der Germanistik, nach der Wende folgte ein Masterstudium in interkulturellen europäischen Studien. Seit diesem Jahr arbeitet Frau Rudolf an ihrer Doktorarbeit im Rahmen der Lucian-Blaga-Universität. Die vierfache Mutter hat früher als Religionslehrerin gearbeitet und war Schriftleiterin der Kirchlichen Blätter der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien. Auch war sie jahrelang die Beauftragte der Frauenarbeit für den Weltgebetstag.

Zum Gespräch empfing Frau Rudolf die Teilnehmerinnen am Siebenbürgischen Lehrertag Krisztina Gyurákiné Sándi, Erika Szabóné Bogár, Beáta Takáts, Ildikó Tápai (Ungarn), Carmen Stoica und Corina Stroie (Hermannstadt), Monika Toader Rausch (Kronstadt) und Kati Tomesc (Deva), die von Inge Sommer (Hermannstadt koordiniert wurden.

 

Beschreiben Sie bitte das Teutsch-Haus, wie man es in Kurzform nennt!

Es ist ein Kultur- und Begegnungszentrum mit Schwerpunkt Kultur und Geschichte. Es gibt vier Bereiche: 

Das Kirchenarchiv, das wissenschaftlich aufgearbeitet wird – eine wahre Fundgrube für Historiker, Studenten, Ahnen-Suchende und Gemeindeforscher, mit der dazu gehörigen Bibliothek, die Transilvanica enthält. Darunter versteht man Literatur und alles, was mit Siebenbürgen zu tun hat. Besonders interessant für Lehrer dürfte in dieser Abteilung die Schulbuchsammlung „Friedrich Philippi“ sein, die über 8.000 Exemplare enthält. Sie stammen aus der Zeit von vor und nach 1945 und sind ein wichtiges Zeugnis, da sie auf direkte Art kulturelle, gesellschaftliche und politische Veränderungen widerspiegeln.

Das Landeskirchliche Museum, welches einen Überblick über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen und das Leben der evangelischen Kirche gibt und wertvolle Exponate enthält.

Den Terrassensaal, der Ausstellungs-, Vortrags- und Begegnungsraum ist.

Die Johanniskirche.

Desgleichen beherbergt unser Gebäude die deutschsprachige Erasmus-Buchhandlung mit Café und das Institut für Ökumenische Forschung. Das Motto, nach dem wir uns richten, lautet: bewahren, bilden, bewegen.

Seit wann besteht diese Einrichtung?

Das Teutsch-Haus wurde 2003 auf Initiative von Herrn Bischof Christoph Klein mit finanzieller Unterstützung aus Deutschland gegründet, da war viel Geld nötig, um aus einem verfallenen Studentenkulturhaus ein ansprechendes Begegnungszentrum zu gestalten und gleichzeitig genügend Platz für das wertvolle Kirchenarchiv zu schaffen, welches 2004 für das Publikum geöffnet wurde. Es folgte 2007 das Museum.

Weshalb wurde Friedrich Teutsch als Namenspatron gewählt?

Früher war dieses Gebäude ein kirchlich betriebenes Waisenhaus welches den Namen Luthers trug. Nach der Wende wurde es der Kirche rückerstattet und es wurden Überlegungen angestellt, das Haus nach einer einheimischen Persönlichkeit zu benennen. Man hat sich für Friedrich Teutsch entschieden, weil er für die Siebenbürger Sachsen als Bischof (Amtszeit 1906-1932) und Historiker sehr wichtig ist.

Wie viele Mitarbeiter hat das Begegnungszentrum?

Zurzeit sind es 12, allerdings nicht alle arbeiten Vollzeit. Das Alter der Angestellten ist ganz unterschiedlich, es gibt sehr junge Leute, aber auch Rentner, die bei uns tätig sind. Mit ihrer unschätzbaren Kompetenz, ihrem Wissen, ihrer Erfahrung, aber auch durch ihre Begeisterung sind die Rentner in der Bibliothek oder im Archiv eine große Hilfe für uns.

Was kann die Institution für Kinder im Vorschul- und Schulalter bieten?

Ins Museum kommen Schulklassen, denen wir eine interaktive Führung bieten, besonders zu Themen, die im Unterricht besprochen werden und die hier vertieft werden können. Ich denke da an das Fach Geschichte und Traditionen der deutschen Minderheit in Rumänien. Unter anderem gibt es ein Quiz zu den Kirchenburgen in Siebenbürgen. Auch in den Wechselausstellungen gibt es die Möglichkeit, mit einem passenden Begleitprogramm mit Schülern zu arbeiten. Wir möchten überhaupt ein breites Publikum ansprechen, durch Vorträge auch Studenten.

Richten sich ihre Angebote nur an deutschsprachige Schüler? 

Schwerpunkt ist die deutsche Sprache, weil der Träger die evangelische Kirche ist und alle Dokumente in dieser Sprache verfasst sind. Einige Veranstaltungen, zum Beispiel Vorträge, laufen demnach nur in deutscher Sprache, Vernissagen zu Kunstprojekten sind allerdings auf Deutsch und Rumänisch, während im Museum alles dreisprachig beschriftet ist: Deutsch, Rumänisch und Englisch. Die Führungen können ebenfalls in diesen Sprachen gebucht werden.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Institutionen aus Deutschland?

Wir arbeiten zum Beispiel mit dem Siebenbürgen Institut aus Gundelsheim zusammen, das ist eine Einrichtung mit vergleichbarem Konzept: Es gibt dort auch ein siebenbürgisches Archiv, eine Bibliothek und ein Museum. Außerdem arbeiten wir noch mit dem IKGS (Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas) zusammen und dem Deutschen Kulturforum östliches Europa, und weiteren Organisationen, welche sich schwerpunktmäßig mit der Geschichte und Kultur der deutschen Minderheit befassen. In Zusammenarbeit mit ihnen organisieren wir Vorträge und Ausstellungen und erstellen Publikationen.

Arbeiten Sie auch mit Praktikanten?

Ja, die sind sehr gerne gesehen. In den letzten zehn Jahren waren es über 60, von Studenten bis zu Senior-Experten. Sinnvoll ist ein Praktikumseinsatz aber nur, wenn die Praktikanten mindestens drei Monate bei uns verbringen, weil man sich zuerst einarbeiten muss. Diesen Mitarbeitern wird eine Unterkunft gesichert, für die Unterhaltskosten müssen sie selber aufkommen.

Über wen läuft die Finanzierung? Ist sie ausreichend?

Ohne Geld läuft gar nichts. Dadurch, dass wir eine Einrichtung der Landeskirche sind, sind die Mitarbeiter beim Landeskonsistorium angestellt. Für einzelne Projekte müssen wir Anträge schreiben, Finanzierung beantragen, Drittmittel beschaffen – das ist eine ganze Wissenschaft, bei wem man wofür und zu welcher Zeit Mittel beantragen kann. Das ist nicht immer einfach.

Wie machen Sie Werbung für ihre Institution?

Wir werben durch Flyer, Plakate und über unsere Webseite, die vor 2 Jahren zweisprachig, deutsch und rumänisch gestaltet wurde. Auch durch eine Palette breit gefächerter Veranstaltungen, die viele Besucher haben, hoffen wir, Teilnehmer anzusprechen, die als Multiplikatoren wirken, so wie Sie heute. Die deutschsprachigen Medien in Rumänien unterstützen unsere Öffentlichkeitsarbeit.

Nach welchem Motto richten Sie sich in Ihrer Arbeit und im Leben?

Mein persönliches Motto lautet „Tu, was du tust, mit Herz“. Ich bin der Meinung, dass jede Arbeit besser gelingt, wenn man sie mit Freude und Begeisterung angeht.

Haben Sie auch Enttäuschungen in Ihrer Tätigkeit erlebt?

Enttäuschungen gibt es natürlich auch. Zum Beispiel, wenn man bei einer Veranstaltung nicht so viel Publikum hat, wie erhofft, weil zur selben Zeit auch andere Ereignisse in Hermannstadt stattfinden. Wir versuchen, das zu vermeiden, indem wir unsere Termine rechtzeitig bekannt geben und wir hoffen dann, dass andere Institutionen ihre Termine nicht auch dann ansetzen.

Können Sie uns etwas Lustiges erzählen, was Sie als Leiterin des Hauses erlebt haben?

Ja, schon. Einmal zum Beispiel kam ein kleiner Junge zu mir ins Büro, sah sich um und sagte: „Das ist schön hier. Wie viel musst du bezahlen, dass du hier arbeiten darfst?“

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass noch mehr Schüler ins Haus kommen, damit sie neben der Sprache auch etwas über die Kultur und Geschichte der deutschen Minderheit in Siebenbürgen mitbekommen, dass wir das kulturelle Erbe weiter bewahren und vermitteln können und dass weiterhin viele erfolgreiche Veranstaltungen in deutscher Sprache stattfinden.

      Wir danken für das Gespräch.

 

Krisztina Gyurákiné Sándi, Erika Szabóné Bogár, Beáta Takáts, Ildikó Tápai, Carmen Stoica, Gerhild Rudolf, Inge Sommer, Corina Stroie, Kati Tomesc und Monika Toader Rausch im Eingangsbereich des Teutsch-Hauses (v. l. n. r.)

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.