Ausgabe Nr. 2463
Traditioneller Neujahrsempfang im Bischofspalais in Hermannstadt
„Über das nahezu lebensgroße Standbild Martin Luthers aus der Evangelischen Stadtpfarrkirche in Bistritz gibt es in Bistritz eine Legende, die besagt, dass es von einem französischen Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkriegs geschnitzt worden sei, der es dann der Kirchengemeinde geschenkt hat. Tatsache ist (laut Eintragung im Inventar der Gemeinde), dass dieses Standbild vom Tiroler Bildhauer Albino Pitschneider (1877-1962) im Jahr 1916 geschaffen wurde und eine Stiftung des sächsischen Bürgermeisters von Bistritz, Karl Sanchen, ist. Das Standbild hat seinen Platz auf einer Konsole beim steinernen Treppenaufgang zur Südempore der Kirche. Es ist aus gebeiztem Hartholz geschnitzt und stellt Luther auf dem Reichstag zu Worms dar. Der Sockel trägt den legendären Ausspruch als Inschrift: 'Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen.'"
Den Kalender gab es als Gastgeschenk für alle Gäste, die am Freitag der Einladung von Bischof Reinhart Guib zum Neujahrsempfang im Bischofspalais in Hermannstadt gefolgt waren. Bischof Guib begrüßte die Anwesenden und sagte u. a., dass 2016 das „Jahr der Reformatoren" ausgerufen wurde, nachdem 2015 zum „Jahr der Bildung" und 2014 zu dem des Gottesdienstes erklärt worden waren.
Landeskirchenkurator Friedrich Philippi führte in seiner Neujahrsrede aus: „Das eben begonnene Jahr soll nun unter dem Vorzeichen unserer Reformatoren Martin Luther und Johannes Honterus stehen. Dazu haben wir ja in der Bildung gleich gute Anknüpfungspunkte. Hat doch Honterus unsere erste Schulordnung herausgegeben. Und in der Herausgabe von sehr beachteten Lehrbüchern hat er uns auch ein leuchtendes Beispiel vorgegeben. Dafür könnten wir jetzt gut wieder einen Honterus gebrauchen!
Durch den Wandkalender und den Monatskalender weist unsere Kirche bereits auf die Reformatoren hin, weitere entsprechende Veranstaltungen werden folgen.
Angeregt von dem Wandkalender bin ich auch auf die Suche nach sichtbaren Zeichen der Reformation im Raum unserer Kirche gegangen. Dabei stieß ich auf verschiedene Honterus- und Luther-Darstellungen oder die Lutherrose, besonders häufig aber auf die erste Verszeile aus Luthers Lied 'Ein feste Burg ist unser Gott' in Stickereien, auf Paramenten, als Aufschriften auf Kirchen, Toren oder Glocken von Suceava im Norden bis Craiova im Süden oder Semlak im Westen. Ich fand den Text des Liedes aber auch in dem ältesten Gesangbuch unserer Kirche aus Kronstadt von 1556 und mit Notenschrift in der ältesten Notensammlung, im Kronstädter Kantional aus dem 17. Jahrhundert.
Bei dieser Suche stieß ich auch auf eine ganz alte wertvolle Bibel aus dem Besitz der Kirchengemeinde Scharosch bei Fogarasch, die mir Kurator Wilhelm Bertleff bei einem meiner Besuche bei ihm gezeigt hatte, und auf die er wie auf sein Augenlicht sorgte: Es ist eine Lutherbibel, die in Wittemberg 1541 von Hans Lufft gedruckt wurde. Kurator Bertleff ist im vergangenen Sommer bald nach seinem 75. Geburtstag in Scharosch verstorben und die Bibel inzwischen beim Bezirk in Kronstadt sichergestellt worden." Das Porträt des verstorbenen Kurators ist in der Ausstellung „Unsere Kuratoren" mit Fotos von Friedrich Philippi im zweiten Stock im Bischofspalais zu sehen.
Die Jahreslosung 2016 – „Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet" – diente dem Bukarester Stadtpfarrer und Bischofsvikar Daniel Zikeli als Grundlage für seine Ansprache im Namen der Pfarrerinnen und Pfarrer, und Musikwart Jürg Leutert hatte die Vertonung dieses Bibelwortes durch Johannes Brahms im fünften Satz seines „Deutschen Requiems" als Vorlage für ein gemeinsames Singen allen Anwesenden überreicht. So konnten alle in einen Kanon einstimmen.
Seitens der Stadt Hermannstadt sprach Bürgermeisterin ad interim Astrid Fodor ein Grußwort, in dem sie unterstrich, dass der Wahlsieg des DFDR bei den Kommunalwahlen in Hermannstadt die einzige Garantie dafür sei, dass der im Jahr 2000 mit der Wahl von Klaus Johannis zum Bürgermeister von Hermannstadt eingeschlagene Weg „weiterhin beschritten wird."
Der DFDR-Vorsitzende Dr. Paul Jürgen-Porr wünschte das Machbare – „Liebe, Verständnis, Muße für einander" – und seitens der Professorenschaft des Departements für Protestantische Theologie betonte Altbischof D. Dr. Christoph Klein die Bedeutung einer eigenen theologischen Ausbildungsstätte für die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien. Eine Besonderheit, die es nirgendwo sonst in Europa gebe, sei das 2015 erstmals veranstaltete „Ökumene"-Semester, mit in deutscher Sprache gehaltenen Vorträgen von Theologen unterschiedlicher christlicher Konfessionen.
Die Leiterin des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Judith Urban, wünschte den Gastgebern „viele, hoffentlich sehr schöne Projekte" und stellte fest, dass die Jahreslosung 2016 „wirklich wunderschön und sehr gut getroffen" sei.
Seitens der Republik Österreich überbrachte der Honorarkonsul Andreas Huber die besten Grüße von Botschafter Gerhard Reiweger. Huber sprach auch von den immer größer werdenen Ansprüchen, die an die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien gestellt würden und äußerte diesbezüglich die Hoffnung, es möge die „Bereitschaft, diesen gerecht zu werden" weiterhin bestehen.
Zu Wort meldeten sich noch die Theologin Britta Wünsch zu religionspädagogischen Fragen und die Mediascher Organistin Edith Toth, die auf das 20. Jubiläum der Frauenarbeit der EKR hinwies.
Beatrice UNGAR
Foto 1: Bischof Reinhart Guib (stehend) begrüßte die Gäste im Festsaal des Bischofsamtes.
Foto: Fred NUSS
Foto 2: Musikwart Jürg Leutert leitete das gemeinsame Singen.
Foto: Fred NUSS