Kein Pech bei Proetnica Nummer 13

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Ausgabe Nr. 2446
 

Das pluriethnische Festival hat in Schäßburg Ende August stattgefunden

 

Die Frage, warum das Schäßburger Festival Proetnica nicht viel mehr Besucher hat, bleibt wie jedes Jahr offen, denn es ist nicht nur ein kulturelles Event, sondern auch eine gute Gelegenheit, die Minderheiten des Landes kennen zu lernen. Und nicht immer die großen, bekannt durch mehr oder weniger gute Taten, sondern auch diejenigen nationalen Minderheiten, die in der Öffentlichkeit eher selten wahrgenommen werden. Darum geht es nämlich bei Proetnica, und auch dieses Jahr war das Festival, bei dem knapp 850 Teilnehmer dabei waren, ein Erfolg.

 

Organisiert wurde auch die 13. Auflage des Festivals vom Interethnischen Jugendbildungszentrum Schäßburg (IBZ), in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeisteramt Schäßburg, die vom 20. bis 23. August ihr Bestes gaben, damit nicht nur die Zuschauer zufrieden waren, sondern insbesondere die Vertreter der Minderheiten, die zum Teil mehrere Stunden Fahrt in Kauf nehmen mussten, um  sich auf der Bühne im Zentrum der mittelalterlichen Stadt vorstellen zu können.

Finanziert wurde das Festival durch Zuschüsse seitens Norwegen, Island und Liechtenstein („eea grants”) und der rumänischen Regierung.

Eröffnet wurde das Festival durch kurze Grußworte der Organisatoren und Behörden, es folgte eine Konferenz, bei der sich  Organisatoren, Mitglieder der Minderheitenvertretungen und Presse treffen und aussprechen konnten. Es wurden viele Themen zum oder außerhalb des Festivals angesprochen. Nicht glücklich wären die Mediascher, falls ein Vorschlag einer Minderheitenvertreterin durchgeht, das Mitteleuropäische Filmfestival nach Schäßburg zu verlegen, da angebllich das Festival eigentlicht gar nicht so gut zu Mediasch passen würde und eher in Schäßburg stattfinden sollte. Diesen und weitere Vorschläge gab es in der Diskussionsrunde. Eine interessante Frage wurde auch gestellt, ob man auch ein Gastland dabei haben sollte, so wie man das bei anderen Festivals sehen kann – als Beispiel wurde das Hermannstädter Theaterfestival genannt -, und zwar war die Antwort für die Fragestellerin nicht zufriedenstellend aber logisch: Volker Reiter, der IBZ-Leiter erklärte, dass dieses Festival eben den nationalen Minderheiten gewidmet sei, und da sollte man sich eben auf diese Minderheiten konzentrieren. Die wahre Herausforderung sei, auch die neuen Minderheiten in das Festival mit einzubeziehen, wie zum Beispiel die Chinesen, die inzwischen in Rumänien vertreten sind und auch Teil des Volkes sind. Ausgesprochen wurde auch der Wunsch, das Festival nicht nur am Leben zu erhalten, sondern auch zu vergrößern, denn Dank dieser Veranstaltung wurden zum Beispiel mehrere Ensembles ins Leben gerufen, und für viele Minderheitenvertreter ist das Treffen in Schäßburg eine gute Gelegenheit, sich gegenseitig näher kennen zu lernen und zu kooperieren. Dabei ist Proetnica wichtig auch für die jungen Teilnehmer – 80 Prozent dieser waren unter 25 Jahre – damit sie die Chance haben, stolz als Minderheitenvertreter in der Öffentlichkeit aufzutreten und ein Beispiel für Gleichaltrige zu sein. Wie viele Vorschläge von den Organisatoren auch umgesetzt werden sollten oder nicht blieb offen, im Programm ging es allerdings erst recht los.

Einerseits wurden im Rahmen des Festivals Konferenzen, Ausstellungen und Präsentationen organisiert, die die Tänze und Lieder auf der Bühne ergänzten.  Da wurden auch die Trachten vorgestellt und auch Grußworte in der jeweiligen Sprache gesagt. Die Zuschauer in der Burg konnten auch oft feststellen, dass die meisten Mitglieder der Ensembles es vorzogen, in ihrer Muttersprache untereinander zu kommunizieren.

Im Laufe der Tage traten jeweils eine halbe Stunde die verschiedenen Minderheiten auf, in kleineren Mannschaften, wie die Tanzgruppe des Hermannstädter Jugendforums mit nur drei Pärchen, oder das Ensemble Artemis aus Sulina, das nicht nur 10 Paare auf die Bühne bringen konnte, sondern an zwei Tagen zwei unterschiedliche Programme  mit unterschiedlichen Trachten, die die griechische Minderheit sehr schön vorstellte. Allgemein waren die Griechen sehr schön vertreten, zu der großen Freude der Zuschauer, die mit Begeisterung auch bei jeder Aufforderung auf  Zorbas Lied mittanzten. Die Zuschauer ließen sich von jeder Tanztruppe mitreissen, denn viele Ensembles kamen von der Bühne herunter und tanzten mit dem Publikum.

Auch die verschiedenen Bands und Sänger, die abends Konzerte gaben, kamen unter die Zuschauer. Die inzwischen weltweit bekannte Roma-Blaskapelle aus Cozmeşti und ihre Sängerin Yna Chriac spielten auch einen Teil ihres Konzertes mitten drin.

Mitten drin war auch Ricky Dandel dabei, der gleich nach dem ersten Lied Samstag Abend von der Bühne quasi herunter sprang und den Rest seiner Show auf den Bänken präsentierte. Mit einem sächsischen Lied aus dem Heimatdorf seiner Oma entlockte er dem Publikum nicht nur Tränen sondern auch begeisterten Applaus, als er seine eigenen Hits vorsang. Dass Ricky Dandel so glücklich war, nahe an seinem Publikum zu sein, freute am meisten die weiblichen Fans, die so richtig in Schwung kamen und sich auch über die kleine Geschichten des Sängers freuten, denn zu jedem Lied erzählte Dandel auch die passende Erinnerung. Auch das junge Publikum war jedoch begeistert und ein junger Mann ließ sich die Chance nicht entgehen, ein Autogramm zu ergattern, das unter Gekreisch der Freunde vorgestellt wurde und auch passend vom Inhaber präsentiert wurde – dazu eine Geschichte mit Sicherheitskräften und einem kleinen Handgemenge, um die wertvolle Unterschrift zu ergattern.

Auch wenn nicht alle Sänger viel Erfahrung mit dem Publikum hatten, wurden ihnen die kleinen Schnitzer verziehen. So bedankte sich z. B. eine Sängerin nach ihrem ersten Lied für den Applaus und kündigte an: „Und jetzt werde ich sie mit weiteren Liedern langweilen.”

Langeweile gab es allerdings bei keinem der Auftritte, auch nicht abends bei den Shows des Zuralia-Orchesters, das vor Kurzem ein Lied beim Eurovision-Wettbewerb vorgestellt hat, oder des "sZempöl Offchestras", das sich in Rumänien einen Namen gemacht hat, und seinen Stil als „balkanisch-theatralisch-disco” bezeichnet.

Über den Applaus freuten sich insbesondere die jungen Teilnehmer – auch die des Ensembles „Veselijah” von der Casa Sonja-Musikschule des Vereins Elijah aus Holzmengen. Junge Roma trugen mehrere rumänische Volkslieder perfekt vor und ernteten passende Anerkennung. Vielleicht war für die jungen Leute dieserAuftritt auch ein Start für eine musikalische Ausbildung und Karriere, denn das Publikum war begeistert.

Und obwohl das Zentrum Schäßburgs an diesem Wochenende voll war, hätten viel mehr Zuschauer für eine außerordentliche Erfahrung erleben können. Der öffentlich-rechtliche Sender TVR widmete dem Festival eine vollständige Ausgabe der Sendung „Convieţuiri”, die online unter www.tvrplus.ro//editie-convietuiri-364538 zu sehen ist. Wer auf den Geschmack kommt, kann vielleicht bei der Auflage Nummer 14 im nächsten Jahr dabei sein, die wohl genauso wenig Pech bringen wird wie die Auflage Nummer 13 – denn das war ein Topthema in den Ansprachen.         Ruxandra STĂNESCU

 

Fotos: Volker Reiter (am Mikrofon) begrüßte wie jedes Jahr seine Gäste, dabei waren Vertreter der Regierung und der lokalen Behörden, aber auch Carol König (2. v. l.), der über die Geburt des Festivals vor vielen Jahren sprach, und der Ausrufer von Schäßburg, der die Gäste mehrsprachig begrüßte.

Die Roma-Blaskapelle aus Cozmeşti und die Sängerin Yna Chiriac waren eines der Highlights am ersten Abend des Festivals.

DieHaltung machte den Unterschied.

Albanischer Tanz.

Ruxandra STĂNESCU

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft, Musik, Tanz.