Ein Kreis hat sich geschlossen

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Ausgabe Nr. 2439
 

Das Internationale Carl Filtsch-Festival feierte seine 20. Auflage in Hermannstadt

 

Das Schöpferische und das Interpretative stand von Anfang an im Mittelpunkt des Carl Filtsch-Klavierinterpretations- und Kompositionswettbewerb-Festivals, dessen erste Auflage 1995 im ehemaligen Saal des Hermannstädter Musikvereins auf der Kleinen Erde (wo heute das Hermania-Restaurant betrieben wird) stattgefunden hat. Schließlich war auch das siebenbürgische Wunderkind Carl Filtsch (1830-1845), dessen Andenken dieses Festival gewidmet ist, sowohl als Interpret als auch als Komponist tätig gewesen.

 1994 hatten Walter Krafft vom Münchener Musikseminar und der gebürtige Hermannstädter Pianist und Komponist Peter Szaunig die Weichen gestellt für die erste Auflage des Festivals. Im Barocksaal des Brukenthalmuseums referierten damals der Musikwissenschaftler Octavian Lazăr Cosma über Leben und Persönlichkeit, Walter Krafft über die Pianistik von Carl Filtsch. Die damals bekannten erhaltenen Werke des viel zu früh verstorbenen in Mühlbach geborenen Filtsch brachte der deutsche Pianist Leonhard Westermayr zu Gehör. Er konzertierte anschließend auch in Mühlbach.

In diesem Jahr schloss sich bei der 20. Auflage (1996 hat das Festival pausiert) gewissermaßen ein Kreis. Zunächst präsentierte bei der Pressekonferenz im Vorfeld des Festivals Peter Szaunig die Jubiläumsausgabe der Klavierwerke von Carl Filtsch, die im Honterus-Verlag herausgegeben und in der Honterus-Druckerei gedruckt worden ist. In dem Band enthalten sind alle fünfzehn Klavierwerke von Filtsch. Acht davon hatte Szaunig 1969 in Hermannstadt nach intensiven Recherchen, an Hand von Funden bei Privatfamilien und dem 1923 in London von Irene Andrews, geborene Filtsch, herausgegebenen Büchleins „About one whom Chopin loved" (Von einem, den Chopin liebte) entdeckt. Diese acht Klavierwerke wurden im Kludenbacher  Gehann-Musik-Verlag gedruckt und dienten bis 2005 als Pflichtrepertoire für das Festival. 2006 gelang es dem Musikwissenschaftler und Pianisten Ferdinand Gajewski von der Harvard Universität Westfield New Jersey, bei einem Urenkel von Carl Filtsch's älterem Bruder Joseph, Sir Loring Gwinne-Evans, in London den gesamten Nachlass des Wunderkindes aufzufinden, das sind insgesamt 25 Kompositionen. Die Drucklegung des Buches wurde unterstützt durch die Gesellschaft für Deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa, die Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt und das Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens durch das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien. Alle 60 Teilnehmer bekamen ein Gratisexemplar geschenkt.

Dann konzertierte am 6. Juli zum Auftakt auf der Bühne im Thaliasaal der weißrussische Pianist Slawomir Zaranok, der bei der ersten Auflage mit gleich vier Preisen (II. Preis Interpretation, I. Preis Komposition, Preis der Jeannot-Heinen Stiftung Luxemburg, Kompositions-Preis der Klausenburger Sigismund Toduta-Stiftung) ausgezeichnet worden war. Neben Werken von Chopin und Liszt brachte er auch eine eigene Komposition, „Poem" zu Gehör, als Beweis, dass er vor 20 Jahren den Kompositions-Preis voll verdient hat.

Und noch etwas: Der Gewinner des 1. Preises der 17. Auflage, Dmitry Masleev ist der diesjährige Sieger des renommierten Tschaikowski-Wettbewerbs, gab Csiky Boldizsár bekannt, der zugleich auch Grüße von dem „großen Abwesenden" 2015, Walter Krafft, überbrachte, der aus gesundheitlichen Gründen in diesem Jahr nicht dabei sein konnte.

Die Jurymitglieder hatten es nicht leicht, vor allem in der Kategorie C (15-30 Jahre), in der 36 Kandidaten angetreten waren. Schließlich fand am Sonntag die Preisverleihung und das Galakonzert der Preisträger statt. Es war diesmal sehr gut besucht und natürlich waren die „Großen" der Kategorie C die Stars. Für Hermannstadt erfreulich ist, dass die 13-jährige Nachwuchspianistin Mara Bardac (Klavierlehrerin Enikö Orth) in der Kategorie B eine Belobigung erhielt und von dem Rotary Club Cibinium den Preis für die beste Hermannstädter Teilnehmerin zugesprochen und von Anamaria Gândilă überreicht bekommen hat.

Für die Qualität des Festivals spricht auch, dass 20 Jahre danach die gleichen Einrichtungen finanzielle Unterstützung geboten haben: der Kreisrat Hermannstadt, der Stadtrat Hermannstadt, die Hermannstädter Staatsphilharmonie, das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, das Haus des Deutschen Ostens München, das Münchener Musikseminar, das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung München, die Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e. V. und das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen.

Ein Lichtblick zum Schluss: Die aus Großbritannien angereiste Konzertpianistin Angela Brownridge, die zum ersten Mal in der Jury saß, versprach, für das Festival mehr Werbung zu machen in Großbritannien, sie finde, es habe ein „höheres Niveau" als das Klavierwettbewerbsfestival in Leeds. Von Filtsch hatte sie bis vor zwei Jahren nichts gewusst, gab sie zu. Ein rumänischer Pianist, Alexandru Negru, dem sie einige Konzerte in London ermöglicht hatte, habe an einem der Abende ein Filtsch-Werk gespielt und so sei sie neugierig geworden. Negru habe ihr von dem in Hermannstadt stattfindenden Festival erzählt, bei dem er auch einmal teilgenommen hatte. Insofern dürfte jeder der Teilnehmer auch der eben abgeschlossenen Auflage ein Botschafter für Carl Filtsch sein.                      

Beatrice UNGAR

 

Peter Szaunig  freut sich mit Ioan Bojin und Csiky Boldizsár über die Gesamtausgabe aller Klavierwerke von Carl Filtsch (v. r. n. l.).

Foto: Beatrice Ungar

 

Slawomir Zaranok, der bei der ersten Auflage des Carl Filtsch-Klavier- und Kompositionswettbewerb-Festivals 1995 u. a.  den ersten Preis für Komposition in der Kategorie B erhalten hatte, konzertierte am Montag zum Auftakt im Thaliasaal.                     

Foto: Fred NUSS

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.