Floßfahrt war der Höhepunkt

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Ausgabe Nr. 2433
 

Streiflichter vom Heimattreffen der Zipserdeutschen in Oberwischau

 

„Wir treffen uns droben im Wassertal, an dem Ort, an dem unsere Vorfahren gearbeitet und gelebt haben, dort wo sie ihre 'Kaska' erzählt haben, dort wo sie ihre  'Koliben' bauten und wo sie ihre Floße ins Tal beförderten", sagte in seiner Begrüßung Leopold Langtaler, Vorsitzender des Forums in Oberwischau.

 In diesem Jahr nahmen rund 350 Teilnehmer am Heimattreffen der Zipserdeutschen teil. 30 Personen sind dafür aus Deutschland angereist. Ein Höhepunkt in diesem Jahr war die Schaufloßfahrt am Samstag.

 „Es ist unsere Pflicht, unsere Sprache und unsere Traditionen an die neuen Generationen weiterzugeben und das Treffen, das einst als Wettbewerb zur Demonstration traditioneller Flößerkunst gedacht war, wieder zu beleben und sie nicht nur mit Tanzdarbietungen und Trachtenparade weiter zu führen. Wir müssen Brücken in die Vergangenheit bauen und die Tradition und unsere Bräuche pflegen, damit wir in der Zukunft Wege finden, damit unser Kulturgut nicht verloren geht, damit auch die nächsten Generationen aus diesem Reichtum schöpfen können“, sagte Langtaler.

Bereits am Freitagabend ging es los mit Musik und Tanz und viel Frohsinn bei der Farm der Pension Nagy wo die Gäste empfangen wurden. Einige Gäste waren müde, weil sie einen langen Weg hinter sich hatten.

Zum diesjährigen Heimattreffen der Zipser in Oberwischau waren nämlich an die 30 Personen aus Deutschland angereist.

Am Samstagmorgen traf man sich am Bahnhof, wo die Bistritzer Blaskapelle unter der Leitung von Cornel Moldovan bereits am Morgen zur guten Stimmung verhalf. Dann ging es etwa 31 Kilometer das Wassertal aufwärts bis zur Haltestelle Făina, wo eine kleine Kapelle steht. Die „Măriuţa“ getaufte Dampflok schaffte höchstens 15 Kilometer pro Stunde und talaufwärts möglicherweise noch weniger.  Sogar die Kühe, die auf den Gleisen grasten, nahmen sich Zeit erst zu kauen, bevor sie dem Zug Platz machten. Und trotzem verging die Zeit im Flug. Auch wenn man die wunderschöne Landschaft bereits gesehen hatte, so musste man die Windungen des Wassertals mitverfolgen und sich die frische Luft ins Gesicht wehen lassen. Wer seine Kindheit hier verbracht hat, der genoss die Erinnerungen. Der Drittklässler Răzvan Simon nahm seine Gitarre in die Hand und dann wurde zusammen mit der Lehrerin Ildikó Dombos und den übrigen Klassenkollegen Lieder gesungen wie „Wer lässt die Sterne strahlen“ und viele andere, mal auf deutsch, mal auf rumänisch, mal auf englisch. Scheinbar musste man nicht alt und weise sein, um Schauergeschichten erzählen zu können oder schon um die Erde gereist zu sein. Ein Junge wusste von zwei Kanufahrern zu erzählen, die vor etwa zwei Jahren im Wassertal verunglückt sein sollen und ein Mädchen schilderte, wie es ist, wenn man mit dem Zug auf Sri Lanka reist. Nachdem die „Măriuţa“ mehrmals anhielt, unter anderem auch um Wasser zu „tanken", kam man zur Haltestelle Făina.

Hier hielt der römisch-katholische Pfarrer István Kinczel einen Gottesdienst im Freien bei der Kapelle. „Es ist ein Ort des Gebets seit über 100 Jahren, wo die Ahnen, die Waldarbeiter, sich versammelt haben, um dem Schöpfer zu danken“, erinnerte István Kinczel in seiner Predigt. Der gemischte Sankt Anna Kirchenchor sorgte für die musikalische Untermalung.

Die Kapelle soll 1900 gebaut worden sein. In der Kapelle ist das Portrait von Sissi zu sehen. Laut einem Täfelchen soll die Kapelle allerdings der Heiligen Elisabeth von Ungarn, der Tochter des Königs Andreas II., gewidmet worden.

„Es ist etwas Besonderes“, sagte Erwin Hussack aus Oberwischau „Für uns ist es wie eine Pilgerreise. Ich treffe hier Leute, die ich seit 10-15 Jahren nicht gesehen habe“.

Dabei war auch Marianne Röhrig, Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Oberwischau sowie ihr Mann Richard, ein Siebenbürger Sachse, der aus der Schäßburger Gegend stammt. Familie Röhrig besucht regelmäßig die Zipsertreffen, meist abwechselnd in einem Jahr das Treffen der Zipser in der Zips in der Slowakei und im nächsten das Zipsertreffen in Oberwischau. Die HOG Oberwischau ist übrigens eine Ortsgemeinschaft der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben. „Als sich die Landsmannschaften in der Bundesrepublik bildete waren die Oberwischauer zahlenmäßig zu wenige“, erklärte Marianne Röhrig. Die Weihnachtsfeiern, aber auch der Fasching oder das Herbstfest in Ingolstadt seien immer gut besucht. Oft bringe man auch rumänische Freunde mit aus Oberwischau, die sich gerade in Deutschland befinden.

Während man seinen köstlichen Gulasch verzehrte, sorgte die Bistritzer Blaskapelle wieder für Stimmung und dann wurde eine Strecke zurückgefahren bis zur Haltestelle Paltin, wo auf der Bühne das Kulturprogramm stattfand. Interessante Vorstellungen boten die Kinder der 3. Klasse des Technologischen Lyzeums aus Oberwischau, u. a. mit dem kurzen Theaterstück in Zipser Mundart „Ter Haensel unt ti Gretel“. Die Jüngsten von der deutschen Schule in Oberwischau zeigten eine Polka und Jasmin Skurka und Daniel Bora trugen das Gedicht „Auf Hochzeitsreise“, vor (Lehrerin: Agnes Skurka).

Tolle Darbietungen zeigten auch die sathmar-schwäbische Volkstanzgruppe „Gute Laune” unter der Leitung von Karl Heinz Rindfleisch, die sathmarschwäbische Volkstanzgruppe „Gemeinsam” unter Leitung von Gabriela Rist, die Tanzgruppe „Regenbogen” aus Großwardein unter Leitung  von Otilia Kelemen. Auch die „Edelweiß"-Tanzgruppe, der „sichtbarste Teil des Deutschen Forums“, unter Leitung von Horst Zavaczki trat auf.

Schließlich kam es zum Schaufahren mit dem Floß, dem Höhepunkt des diesjährigen Festes. „Es ist dem Flößern zu danken, dass wir heute hier sind und zwar war das zur Zeit von Kaiser Leopold I. Im Jahre 1700 gab es großes Interesse für die Salzminen aus Ocna Costiui, Ocna Șugatag, Slatina. Deshalb wurde entschieden, per Floß das Salz in die Monarchie zu transportieren“, erklärte Alfred Fellner, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Forums in Oberwischau, der gemeinsam mit Britta Brandisz die Vorstellung moderierte. Ab 1931, als die Gleise fertig gestellt waren, habe es teilweise aufgehört mit dem Flößern, teilweise sei noch bis 1945 geflößert worden und das letzte Mal war es 1997.

Am Sonntag folgte der Umzug durch die Stadt. Vom deutschen Forum in der Zipserreih' ging es zur Sankt Anna Kirche, wo der Gottedienst stattfand. Nach einem weiteren Umzug durch die Stadt wurde am selben Tag ein Teil vom Kulturprogramm auch im Rahmen des Nationalen Literatur- und Folklorefestivals im Stadtzentrum gezeigt.

Der „Pocharaistand“, der Kuchenstand, fehlte auch dieses Jahr nicht, wo die Anwesenden Kuchen wie „Hopasacka“, „Erdpiern“ oder „Schmutzige Pocharai“ probieren konnten.

Werner FINK

Foto 1: Floß ahoi!!! Das Schaufahren mit dem Floß, mit dem früher das Salz transportiert wurde, war der Höhepunkt des diesjährigen Festes im Wassertal. Stefan Schiesser, Steffibácsi (auf dem Floß vorne winkend) zeigte, wie man ein Floß manövriert. Sein Neffe Leopold Langtaler (hinter ihm) hält sich mit dem Flößerhaken fest.                                             

 Foto 2: Der Samstag begann mit einem Gottesdienst im Grünen. 

Fotos: Werner FINK

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.