Ausgabe Nr. 2422
Zwei neue Produktionen der Studenten
„Kathie und das Nilpferd“ (Kathie și hipopotamul) nach dem gleichnamigen Roman von Mario Vargas Llosa und „Alles, was wir geben mussten“ (Să nu mă părăsești) nach einem Roman von Kazuo Ishiguro sind die neuesten Inszenierungen, die Schauspielstudenten der Lucian Blaga-Universität Hermannstadt und Regiestudenten der Babeș Bolyai-Universität Klausenburg im CAVAS-Saal des Radu Stanca-Nationaltheaters an der Lucian Blaga-Universität in Hermannstadt haben.
„Alles, was wir geben mussten“, in der Regie von Mădălina Iulia Timofte unter der Anleitung ihres Dozenten, des Hermannstädter Regisseurs Radu Alexandru Nica, erzählt die Geschichte der drei Klone Tommy, Kathy und Ruth, deren Existenz und Erziehung letztendlich einem klaren Ziel dient – der Organspende. Deren Kindheit, in einer Privatschule namens Hailsham verbracht, die Jugend, in der die Kinder in das Stadtviertel „The Cottages” ziehen und die Etappe der Organspende, in welcher die Hauptfiguren allmählich ihren „Zweck” erfüllen, werden aus dem Blickwinkel der Protagonistin Kathy erzählt.
Tommy, Kathy und Ruth erhoffen sich eine erfolgreiche Karriere in einem Büro oder schwärmen von dem Augenblick, in dem sie ihren Organempfänger kennenlernen werden. Obwohl ein Drama in vollen Zügen, leben die Schauspielstudenten der Hermannstädter Universität die Geschichte in einer unschuldigen, fröhlichen und jungen Art aus, die weit davon entfernt ist, dem Zuschauer einen bitteren Beigeschmack zu hinterlassen.
Die moderne Inszenierung erinnert an den etablierten Stil Nicas, ein experimentierfreudiger Geist, der sich nicht davor scheut, sich in seinen Theaterprojekten den aktuellsten Themen zu widmen aber auch der gängigen technischen Mittel zu bedienen.
Das Bühnenbild, aus vier Bildschirmen zusammengestellt, sorgt für eine Abgrenzung sowohl des physischen als auch des zeitlichen Raumes. Die Hintergrundbilder unterstreichen die Methapher der Handlungen und gewähren der Stimmung auf der Bühne eine persönliche Note.
Larisa Nuțescu, die Regisseurin der zweitgenannten Inszenierung versetzt die Handlung in eine Mansarde in der peruanischen Hauptstadt Lima, in der die Figuren des Stückes „Kathie und das Nilpferd“, eine außergewöhnliche Geschichte erleben, bei der die Grenzen zwischen Fantasie und Realität oft fließend sind. Kathie Kennety, die Frau eines reichen Bankiers arbeitet zusammen mit Santiago Zavala an einem Abenteuerroman. Die beiden Figuren kommen unfreiwillig dazu, ihre eigenen Geschichten zu erzählen und sie mit der tatsächlichen Realität und mit der Realität des Buches zu vermischen. Verschiedene Episoden kreuzen sich während des Handlungsablaufs, verschiedene Stimmen sind im Hintergrund zu hören und die Zeiten mischen sich miteinander auf. Die Regiestudentin lässt die Figuren auf zwei Ebenen auftreten, und setzt die feinsten Regielösungen ein. Die Erinnerungen und die Monologe werden vom Tonband wiedergegeben, die kleinsten Einzelheiten erhalten einen konkreten Symbolwert und die Gefühle werden durch den gezielten Einsatz von Licht, Ton und Kleidung unterstützt, die eine gewisse Stimmung schaffen. Eine Schaukel im Hindergrund, durchflutet im blauen Bühnenlicht, die Choreografie von Adriana Bârza, die Kathie in dieser Szene vorführt und der dazugehörende Monolog, stellen eine der prägendsten Bilder des Stückes dar.
Die Verwirrtheit der Hoffnungen und der Geschichten, die „wilden” Beschreibungen der Nilpferde und der „Fancy Stil” wie ihn der Autor selbst beschreibt, bilden eine ungewöhnlich lustige Geschichte. Letztendlich bleibt es jedem Zuschauer überlassen, für sich selber das Nilpferdrätsel zu lösen.
Monika TOMPOS
Szenenbild aus „Alles, was wir geben mussten" mit Iulia Popa, Petra Rada Constantinov und Alexandru Malaicu (v. l. n. r.).
Foto: TNRS