Ausgabe Nr. 2414
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Der Künstler Ştefan Radu Creţu hat sich in der kinetischen Kunst wiederentdeckt
Der fünf Meter lange, gelbe Wurm-Hubschrauber ist vor dem Museum Beelden aan Zee in Den Haag ausgestellt. „Das ist mein größtes Werk”, sagt der Künstler Ştefan Radu Creţu, der in Hermannstadt seit 2006 lebt und arbeitet, allerdings in Bukarest und im Ausland ausstellt. „Ich bin kein Exzentriker unter den Künstlern”, erzählt er, auch wenn seine Kunst in Rumänien außerordentlich ist, denn die Bewegung darf in seinen kinetischen Werken – ob klein oder groß – nicht fehlen.
Studiert hat der 1983 in Câmpina geborene Künstler in Klausenburg, hat sich aber in der Keramikabteilung nicht wiedergefunden, so dass er im Weiteren einen Masterstudiengang bei der Skulpturabteilung in Bukarest absolviert hat, um auch mal große Werke machen zu können, wie er lächelnd erzählt. Wiedergefunden hat er sich allerdings später, und zwar in der kinetischen Kunst, zum Thema macht er jetzt auch seinen Doktor. Die Bewegung ist das A und O der kinetischen Kunst, egal, ob Wind, Elektrizität oder Menschenhand die Skulptur zum Leben bringen, erklärt Creţu. Dabei ist diese Kunstart, die ihren Höhepunkt vielleicht in den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte, kaum bekannt: „Sogar meine Hochschulkollegen kannten diese Bewegung nicht, denn in Rumänien haben nur wenige Künstler hie und da kleine diesbezügliche Aktionen gemacht, da gab es allerdings keine Künstler, die sich diesem Genre gewidmet haben.”
Begonnen hat er mit diesen Arbeiten, indem er seine Kinderderspielzeuge neu verwertet hat, denn diese haben ihn schon immer fasziniert, insbesondere „in der Kindheit, als ich ehrlich war und mich nicht anlügen konnte”. Und diese Entdeckung ist seine größte Errungenschaft, denn da kann Creţu er selber sein. Und sich manchmal in seiner Arbeit vergessen, denn tatsächlich ist es ihm passiert, dass er eine seiner Arbeiten am Ende halbieren musste, denn sie war höher als die Tür des Ateliers in Heltau, wo er übrigens nachmittags einige Schüler der Mal- und Keramikabteilungen des Schülerpalastes betreut. Das war ein ungewollter Zufall, denn normalerweise wird das Werk von Anfang an so gebaut, dass es in mehrere kleinere Teile zerlegt und auch von anderen Personen wieder aufgebaut werden kann: „Ein Viertel der Kreationszeit verbrauche ich eigentlich mit der Logistik, denn ich bin nicht immer bei den Ausstellungen dabei, und die Käufer müssen meine Werke auch selbst zusammen stellen können.”
Ştefan Radu Creţu wird zur Zeit von einer Kunstgalerie aus Bukarest, 418 Contemporary Art Gallery vertreten, die seine Werke auf verschiedenen Kunstmessen zeigt. Gezeigt wurden sie zwar auch im Inland, verkauft allerdings bisher nur im Ausland.
Auch das Publikum ist sehr verschieden. Der Künstler hat diesbezüglich Erfahrung: „In Rumänien sehen die Besucher über die künstlerische Seite schnell hinweg und wollen direkt die technische Seite verstehen. Da kann ich schwer erklären, dass ich Vieles durch wiederholte Versuche erreicht habe, denn ich zeichne zwar Pläne, aber ich bin kein Ingenieur. Im Ausland sind die Zuschauer weniger von der Technik fasziniert und wollen eher meine Idee, meine Botschaft verstehen.” Dabei hilft ihm der Kinetismus, seine Ideen weiterzuleiten, ist aber nicht Hauptgrund seines Schaffens.
Dabei schätzt sich Creţu als glücklich, dass er von einer Kunstgalerie vertreten wird – die wenigsten seiner Kollegen haben sich in der zeitgenössischen Kunstszene einen Namen gemacht – und dass inzwischen seine Arbeiten auch Geld einbringen: „Früher musste ich manche Projekte sausen lassen, da ich mir von meinem Lehrergehalt einfach nicht die nötigen Materialien – ich brauche wirklich Unmengen davon – nicht leisten konnte.”
Dabei ist er weder der einzige Künstler, noch der einzige Lehrer in der Familie, denn seine Ehefrau Lavinia ist Malerin und unterrichtet an der Hermannstädter Volkskunstschule. Sie arbeiten zwar nicht zusammen, da „unser Arbeitsrhythmus einfach total verschieden ist”, jedoch erstrebte in den vergangenen Jahren der Künstler einen gemeinsamen Arbeitsplatz mit mehreren Kollegen. Noch hat es bisher nicht geklappt, da müssen auch neue Pläne geschmiedet werden, die Idee ist aber im Hinterkopf geblieben. Und auf jeden Fall weiß der Künstler, dass er doch bald ein neues Atelier braucht, das größer ist, und wo auch hie und da Besucher kommen können, „damit wir bei einer Tasse Tee oder Kaffee über Kunst sprechen können”. Eine Aushilfe für die Knochenarbeit gehört auch zu den Zukunftsplänen, doch generell „überlasse ich Vieles meinem Schicksal, da hat man auch mal ein bisschen Adrenalin im Leben.”
Zwar lebt und arbeitet der Künstler sehr gerne in Hermannstadt, doch da kann er sehr wenig ausstellen: „Meine Arbeiten brauchen einfach große Räumlichkeiten, die hier fehlen, ich suche auch eine besondere Atmosphäre, die meine Arbeiten zur Geltung bringt”, sagt er, und da gibt es auch keine angekündigten Änderungen. Dabei ist das Fehlen der visuellen Kunst ein Thema unter den Kollegen, denn es gibt zum Beispiel kaum Galerien. „Da müssen nicht nur die Künstler, sondern auch das Publikum mehr verlangen”, sagt Ştefan Radu Creţu, denn eine Kunstszene und Gleichgesinnte gibt es bereits in Hermannstadt.
Ruxandra STĂNESCU
Ganz einfach, das ist ein „female unterholzkrafter” und auf Youtube gibt es auch ein Filmchen dazu.
Foto: Privat