Ausgabe Nr. 2413
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Schwarz-weiß Portraits von Roma-Familien im Hermannstädter Rathaus
Er ist Ihnen bestimmt schon einmal in Hermannstadt aufgefallen: der bärtige Fahrradfahrer, der zwei Hunde auf seinem Fahrrad spazieren fährt. Er heißt Maurizio Marchesini, ist waschechter Italiener und lebt nun schon seit drei Jahren in Hermannstadt. Er ist der Autor der Fotoausstellung „Zigeuner“, die zurzeit im Foyer des Rathauses am Großen Ring zu sehen ist. Wer sich die Fotos ansehen möchte, muss sich allerdings beeilen, denn die Ausstellung ist nur noch heute geöffnet.
Wie alles begann, möchte man wissen. Einen Italiener in Hermannstadt, der ein besonderes Interesse für die Gemeinschaft der Roma hegt, trifft man eben nicht alle Tage. Maurizio hat vor genau elf Jahren zum ersten Mal Hermannstadt besucht. Damals traf er Florin Cioabă, den damaligen König der Roma. Doch die Begeisterung für die Minderheit der Roma begann schon viel früher. „Ich habe die Musik der Roma geliebt. Darum hat mich einer meiner ersten Ausflüge in Rumänien in das Dorf Zece Prăjini geführt, von wo die Roma-Blaskapelle Fanfara Ciocârlia stammt“, erzählt der sympatische 60-Jährige in einem sehr musikalisch und italienisch klingenden Rumänisch.
Inzwischen hat Maurizio die Dörfer aus dem Harbachtal bereist und die hier lebenden Roma-Familien kennen und zu schätzen gelernt. Er ist sogar von mehreren Familien zum Paten für ihre Kinder auserkoren worden, was natürlich eine große Ehre ist. „Ich war bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen dabei. Ich habe ihre einzigartige Kultur kennenlernen dürfen. Die Roma sind ein konservatives Volk. Dass sie mich in ihren engsten Familienkreis hereinließen, ist ein großes Privileg für mich“, sagte der aus Verona stammende Fotograf. Die Ausstellung im Bürgermeisteramt beinhaltet insgesamt 120 schwarz-weiß Aufnahmen, die meisten davon Portraits der Kesselzigeuner aus dem Harbachtal und aus Pretai/Brateiu. Auf die Frage warum die Fotos schwarz-weiß gehalten wurden, antwortet der gelernte Baumeister und Baurestaurator, er wollte damit die Phantasie des Betrachters anregen, versprach aber dass die nächste Ausstellung bunt sein wird, damit man auch die farbenfrohe Tracht der Zigeuner bewundern kann.
Bei der Vernissage am Samstagmittag sprachen auch Dr. Corneliu Bucur, der ehemalige Direktor des Astra-Museums und Dorin Cioabă, der internationale König der Roma, Grußworte.
In der Eröffnungsrede sagte Maurizio Marchesini, es sei die Ausstellung seiner Leidenschaft: „Ich wollte die Fotos nicht betiteln, eben, damit der Besucher sich ein eigenes Bild macht. In der Ausstellung ist nur ein kleiner Teil meiner Kollektion enthalten. Ich kann über jedes Foto stundenlang reden, denn jede Aufnahme hat seine unglaubliche Geschichte. Die Kultur der Roma ist unglaublich groß und wir kennen nur einen klitzekleinen Teil davon.“
Cynthia PINTER
Maurizio Marchesini und einige seiner Bilder.
Foto: die Verfasserin