„Eindrückliche kulturelle Leistung“

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Ausgabe Nr. 2401
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Weiterbildungsreise der Ratsmitglieder aus Wartau/Kanton St. Gallen

 

Die Ratsmitglieder (Behörde) der Politischen Gemeinde Wartau und der Ortsgemeinde Wartau führen alle zwei Jahre eine Weiterbildungsreise auf eigene Kosten durch. Dieses Jahr führte die Reise nach Rumänien, genau in die Region Siebenbürgen. Für einmal wurde der Fokus der Reise auf die Landwirtschaft gelegt. Begleitet wurde die Reise durch Vertreter vor Ort, dank denen sich die Schweizer Delegation sehr wohl in Siebenbürgen gefühlt hat. So wurden wir durch Mihai Haşegan bestens betreut.

 

Die Gemeinde Wartau ist eine 5.200 Einwohner zählende Gemeinde mit einer Gesamtfläche von 4.175 ha. Davon sind 889 ha Kulturland, 1043 ha Weiden, 1452 ha Wald und 792 ha sind unproduktives Land. Die größte Grundeigentümerin ist die Ortsgemeinde Wartau, welche alleine 470 ha Kulturland und 640 ha Wald besitzt. Die Ortsgemeinde ist wie die Politische Gemeinde nach dem St. Galler Gemeindegesetz eine selbstständige Körperschaft, welche eigenständig ihre Behörden und ihre Verwaltung bestellt. Bei der Ortsgemeinde sind 1.200 Bürger, d.h.  stimm- und wahlberechtigt sind nur Personen mit Wartauer Bürgerrecht. Bei der Politischen Gemeinde hingegen  sind es mehr als 3.000 Bürgerinnen und Bürger, d. h. alle Personen, die Schweizer Bürger und älter als 18 Jahre sind.

Durch das große Besitztum der Ortsgemeinde arbeiten die Politische Gemeinde und die Ortsgemeinde eng zusammen, so bei Raumplanungsfragen oder bei landschaftlichen und ökologischen Aufwertungsmaßnahmen. In den vergangenen Jahren wurde rund um das Wartauer Wahrzeichen, der Burgruine Wartau, der ehemalige Rebberg wieder instand gestellt oder es wurden über 1,30 km Bachläufe wieder bewässert, welche durch die Rheinabsenkung vor über 40 Jahren trocken gelegt worden sind. Die Ortsgemeinde finanziert sich nicht durch Steuern, sondern durch Erträge aus Pachtland, Baurechtszinsen auf Bauland und durch die Verpachtung eines Steinbruchs.

Aufgrund der engen und ersprießlichen Zusammenarbeit führen die beiden Räte regelmässig zusammen mit ihren Partnern bzw. Partnerinnen eine Weiterbildungsreise durch. Dieses Jahr wurde ein rumänischer Landwirtschaftsbetrieb  in Marpod besichtigt, der über 3.000 ha groß ist und über 3.000 Tiere hält. Zum Größenvergleich: Der Landwirtschaftsbetrieb ist dreiviertel der Wartauer Gemeindefläche und die Anzahl Tiere übersteigt jene Wartaus um mehr als das Doppelte. Alleine diese Zahlenvergleiche sind beeindruckend. Eindrücklich ist auch die kulturelle Leistung der Stadt Hermannstadt. Während Hermannstadt etwa 10 Prozent der Gesamtausgaben in Kultur investiert, sind es in Wartau gerade mal bescheidene 60.000 (=0,20 Prozent) Schweizer Franken von 30 Mio. Gemeindehaushalt.

Sicherlich haben wir wieder einmal die Sauberkeit in der Schweiz schätzen gelernt, indem uns entlang der Straßen in Siebenbürgen achtlos weggeworfener Abfall aufgefallen ist. Dieser Umstand wird deshalb erwähnt, weil wir auch in der Schweiz zunehmend mit Littering zu kämpfen haben und die Entsorgung dieser Abfallgattung viel Geld kostet. Hingegen haben uns die vielen schön und historisch korrekt sanierten Häuser gefallen. Die alte Bausubstanz, noch nicht renoviert, hat viele Chancen und dieser ist unbedingt Sorge zu tragen.

Die Schweizer Delegation beendete den Tag in Michelsberg bei einer sächsischen Familie bei einem Mittagessen. Dort nahmen wir nicht nur die Eindrücke vom traditionellen Handwerksschaffen mit, das sicher in Zukunft viel Potenzial hat, sondern auch jene von der  ausgezeichneten siebenbürgischen Gastfreundschaft.

Beat TINNER

 

Anm. der Redaktion: Beat Tinner ist seit 1997 Bürgermeister, Mitglied der Liberalen Partei der Schweiz (FDP), seit 14 Jahren Mitglied des Kantonsrates und Präsident der Vereinigung St. Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten. Politisch setzt sich Tinner für einen gut ausgebauten öffentlichen Verkehr (Schiene und Straße) ein sowie engagiert sich für eine starke Gemeindeautonomie, so z. B. in der Raumplanung für die Planungshoheit bei den Gemeinden und für einen wohnortsnahen Vollzug der Sozialhilfe.                    

 

Die Warte ob der Au", die Burg Wartau, die heute eine Ruine ist, ist auf dem rebenbekranzten Hügel das weitherum sichtbare Wahrzeichen der Gemeinde. Erstmals 1261 im Besitz der Edlen von Wildenberg" erwähnt und später von den Freiherren von Hewen" bewohnt, gab sie der damaligen Herrschaft den Namen.          

Foto: www.wartau.ch

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Wirtschaft.