Ausgabe Nr. 2393
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Gespräch mit Prof. Univ. Dr. Rudolf Gräf, Vizerektor der UBB Klausenburg
Den Studiengang Informatik in deutscher Sprache bietet ab heuer die Babeş Bolyai-Universität in Klausenburg an. Über diese neue Studienrichtung, aber auch über die Studiengänge in deutscher Sprache berichtete Vizerektor der Uni, Prof. Univ. Dr. Rudolf Gräf der HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u.
Warum haben Sie einen neuen Studiengang in deutscher Sprache eingeführt?
Dieser Studiengang ist zustande gekommen dank eines Vertrages mit drei großen Unternehmen, und zwar Porsche Deutschland, MHP Consulting Romania und EBS Romania. Diese drei Unternehmen finanzieren diesen Studiengang mit je 20.000 Euro pro Unternehmen und Jahr, also einen Bachelor-Studiengang, und es ist uns gelungen, trotz der kurzen Zeit, in der wir Werbung machen konnten, alle finanzierten Studienplätze zu besetzen. Wir haben dieses Jahr 15 finanzierte Plätze und weitere 15 mit Gebühren. Das war ein Zeichen, dass es Interesse dafür gibt, denn das Sammelbecken der Studierenden, die auf Deutsch studieren wollen, wird immer kleiner.
Das ist also für den Anfang bereits ein Erfolg.
Ja, ich hoffe, dass dieser Studiengang Erfolg haben wird, einmal durch diese private Finanzierung, die es an unserer Universität bisher nicht gegeben hat, und zweitens sind wir schon in Gesprächen mit den Unternehmen, insbesondere EBS, dass wir ab dem nächsten Jahr auch einen Masterstudiengang einrichten, ebenso privat finanziert, so dass wir komplette Studien im Fach Informatik anbieten können.
Warum sind die Unternehmen diese Partnerschaft eingegangen?
Ich glaube, sie brauchen dringend Fachleute, und als ich die ersten Gespräche geführt habe, habe ich auch gefragt, warum Deutsch, zumal die jungen Leute, die dieses Fach studieren, Englisch können und dies eigentlich die Fachsprache ist. Die Antwort war, dass bei 100 Informatikern, die Englisch sprechen, 10 bis 20 Mitarbeiter auch Deutsch sprechen sollten. In Klausenburg und allgemein in Siebenbürgen haben sich eine Reihe von Unternehmen angesiedelt, die diese Fachleute brauchen, es ist also ein Entgegenkommen seitens der Universität auf die Notwendigkeit des Marktes und eine Nachfrage des Marktes an die Universität.
In welchem Maße spiegelt sich diese Nachfrage im Studiengang wieder?
Wir haben zum Beispiel die Lehrpläne mit den Unternehmen ausgearbeitet, in dem Sinne, dass diese sehr modern sind und das verlangen, was man heute in der Branche braucht. Dabei muss man auch sagen, dass die Mathematik- und Informatikabteilung der Babeş Bolyai”-Universität im Shanghai-Ranking auf Platz 100-150 ist, was sehr gut ist. Zum Vergleich: Keine rumänische Universität befindet sich in diesem Ranking über Platz 500.
Nicht nur die Universität profitiert von diesem Studiengang…
Nein, es ist ein Mehrwert auf mehreren Ebenen: Zunächst ist das „Produkt" da, ein gut vorbereiteter Informatiker, der auch Deutsch spricht, dann hat auch die Fakultät Vorteile, denn mit dem Geld werden Labors eingerichtet, dann ist auch der Student, der über ein Stipendium verfügt, und vielleicht kann man aus dieser Finanzierung auch einige Stipendien ausschreiben für Studiengänge, die weniger Unterstützung bekommen.
Wie steht es mit Lehrkräften für den neuen Studiengang?
Wir hatten vor einigen Jahren einen Studiengang für Mathematik in deutscher Sprache, und bis zu einer gewisse Phase können wir unsere Mathematiker einsetzen, aber auch unsere Informatiker. Dazu kommt, dass wir mit Unterstützung dieser Unternehmen Lehrkräfte von Universitäten aus Deutschland anwerben, und zum Teil haben wir sogar Zusagen erhalten.Vernünftig ist es aber, dass wir in diesen Jahren eigene Lehrkräfte ausbilden, und das werden wir auch machen, doch der Austausch von Lehrkräften ist immer ein Gewinn, sowohl für die Studierenden, als auch für die Dozenten.
Welche deutschen Studiengänge werden an der Klausenburger Universität angeboten?
Die Universitäten hängen von der wirtschaftlichen Situation des Landes ab, wobei die deutschen Studienrichtungen natürlich auch von der demografischen Situation der Deutschen in Rumänien abhängig sind, beziehungsweise von der Anzahl der Lyzeaner, die Deutsch sprechen und schreiben. Da sind Fakultäten, die in manchen Jahren weniger Studierende haben, doch die Universität führt eine Politik des Bewahrens der deutschsprachigen Studienrichtungen. Wir haben mehrere Studiengänge, die Erfolg haben, wie zum Beispiel Germanistik. Die Wirtschaftswissenschaften sind auch sehr gut in der Realität der rumänischen Gesellschaft verankert, unter anderem finden unsere Ökonomen sehr rasch einen Platz auf dem Arbeitsmarkt und viele von ihnen werden von Unternehmen bereits vor Abschluss des Studiums angeworben. Der berühmte Spruch „Englisch ein Muss, Deutsch ein Plus” funktioniert und es ist eine Chance mehr, auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Journalismus, Politikwissenschaften und PR haben wir ebenfalls in deutscher Sprache, allerdings kleinere Gruppen, da auch der Markt für die Absolventen nicht so groß ist. Gut funktioniert die Geographie, da ist auch eine große Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt und für nächstes Jahr planen wir die Einführung von Tourismusgeographie, um Nachfragen vom Markt entgegenzukommen. Europastudien sind noch immer sehr gesucht. Die Naturwissenschaften sind leider nicht sehr gut besucht, aber das ist eine allgemeine Situation im Lande, doch wir können deutsche Studien bieten in den Bereichen Chemie und Physik. Wir haben noch die Erziehungswissenschaften, die Lehreraus- und -fortbildung. Im Bereich Biologie haben wir eine Zusammenarbeit mit der Universität in Rostock, dabei erhalten die Studenten aus Rumänien und aus Deutschland ein Doppeldiplom und ebenso bei den Europastudien. Wir haben heuer seit vielen Jahren wieder – aber da habe ich noch nicht analysiert, was geschehen ist – mehr Eingeschriebene als gebührenfreie Plätze. Dabei ist es wichtig für uns, dass die Studenten und ehemaligen Studenten auch Werbung im ganzen Land für uns machen, nicht nur in Siebenbürgen. Der Gutenberg-Verein hat zum Beispiel sehr viel Werbung für uns gemacht, und durch seine Programme auch weitere Zielgruppen erreicht.
Was planen Sie für die Zukunft?
Gesucht auf dem Markt sind zum Beispiel die Umweltwissenschaften und Wirtschaftsinformatik, da überlegen wir uns neue Studienrichtungen. Aber ich muss sagen: Die Babeş Bolyai-Universität bietet die komplettesten Studien in deutscher Sprache östlich von Wien und wir müssen schauen, wie wir in den nächsten Jahren unsere Universität noch attraktiver machen.
Vielen Dank für das Gespräch.