„Ein Bau muss seine Heimat haben“

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Ausgabe Nr. 2384
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Ausstellung im Teutsch-Haus zeigt Werke des Architekten Fritz Balthes

 

„Ein Bau muss seine Heimat haben, das heißt, er muss in seiner Heimat stehen und er muss sich mit seinem Nachbarn vertragen“, schrieb Fritz Balthes. Seine Gebäude haben unsere Heimat sanft und positiv geprägt. 100 Jahre nach dem Tod des Architekten, er starb erst 32-jährig im Dezember 1914, zeigt die Ausstellung „Gebaute Heimat“ im Hermannstädter Begegnungs- und Kulturzentrum der Evangelischen Kirche (EKR) in diesem Sommer das vielfältige Schaffen von Fritz Balthes und was heute – nach zwei Weltkriegen, der Verstaatlichung und Rückgabe von Gebäuden und dem Exodus der Siebenbürger Sachsen – davon erhalten geblieben ist.

   „Das gute Alte erhalten und Neues gestalten“ war ein Motto des 1882 in Schäßburg geborenen und ebenda aufgewachsenen Architekten, Stadtplaners und Kulturgutpflegers. Während seines Studiums in Berlin, München und Karlsruhe war er nicht nur mit dem damals blühenden Jugendstil sondern auch mit den Bewegungen des ganzheitlichen Heimatschutzes und des pragmatischen Deutschen Werkbundes in Kontakt gekommen und setzte diese Ideen in Siebenbürgen auf seine eigene Weise um. Sein großer Entwurf, die Gartenstadt Neu-Tartlau, konnte wegen des Ersten Weltkrieges nicht verwirklicht werden.

Das Zentralarchiv der EKR im Teutsch-Haus bewahrt Einiges von Fritz Balthes auf: Baupläne, Zeichnungen und Skizzen, Briefe in schwungvoller Handschrift, Kollaudierungsprotokolle, Abrechungen. Diese stammen aus den Beständen der evangelischen Kirchengemeinden Kleinschenk, Braller, Gürteln und Zied, für die Balthes zwischen 1909 und 1914 schöne, helle Volksschulen entworfen und deren Bau begleitet hat, aus Neithausen (Pfarrhaus) und aus Schönberg und Martinsberg, für die er bestens zur Kirchenburg passende Gemeindesäle entworfen hat. Ein Dutzend Originalpläne und einige Briefe aus dem Archiv sind in der Ausstellung zu sehen, dazu zeitgenössische Publikationen aus der Transilvanica-Bibliothek des Teutsch-Hauses sowie Skizzenhefte und Zeichnungen als Leihgabe von Dr. Hermann Fabini.

Den zweiten und mindestens ebenso spektakulären Teil der Ausstellung bilden die 20 großformatigen Schautafeln des Hermannstädter Fotografen Stefan Jammer. Die Bauten Balthes‘, darunter das evangelische Gymnasium in Mediasch/Stephan-Ludwig-Roth-Schule, das Hotel Stern in Schäßburg, das Gasthaus in Schönberg, Dorfschulen, Privathäuser, das Studentendenkmal in Marienburg u.a., sind darauf in ihrem aktuellen Zustand des Jahres 2014 zu sehen, zum Teil im Vergleich zu historischen Aufnahmen. Zitate von Fritz Balthes, einiger seiner Zeitgenossen sowie von heutigen Forschern ergänzen dreisprachig die Bildtafeln.

Das vom Landeskonsistorium der EKR geförderte Kulturprojekt erfreut sich der Unterstützung der Kulturreferentin für Südosteuropa. Die Gebäudedokumentation erarbeiteten Architekt Ioan Bucur und Ing. Hermann Balthes. Von den bereits im Vorjahr von Kulturreferentin Gerhild Rudolf zur Projektmitarbeit eingeladenen Institutionen haben sich insbesondere Vertreter der Heimatortsgemeinschaft Schäßburg und der Heimatgemeinschaft Mediasch gemeldet und mit wertvollen Hinweisen und Fotografien beigetragen. Dank gebührt auch den Mitarbeitern im Teutsch-Haus sowie den ehrenamtlichen Übersetzern und Korrektoren.

Das Rahmenprogramm zur Ausstellung „Gebaute Heimat“ umfasst eine Exkursion zu Gebäuden von Fritz Balthes im ländlichen Raum am 27. Juni Abfahrt 8.30 Uhr vom Teutsch-Haus, Anmeldung unter 0269-20.67.30), ein Angebot für Kinder und ein Frauenfrühstück mit Vortrag im August und einen weiteren Fachvortrag im September. An Publikationen sind ein rumänischer Flyer anlässlich der „Hermannstädter Architekturtage“ im Herbst 2014 und ein deutschsprachiger wissenschaftlicher Band über Fritz Balthes im Jahr 2015 geplant.

Gerhild RUDOLF

Blick in die Ausstellung, die bis zum 6. Oktober d. J. im Terrassensaal im Teutsch-Haus zu sehen sein wird.

Foto: Fred NUSS

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kultur.