Ausgabe Nr. 2339
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Jahresfest des Evangelischen Gemeindeverbands Fogarasch in Seligstadt
Die Landstraße von Fogarasch nach Seligstadt ist staubig. Eine Kuhherde hält die vier Kleinbusse kurz auf, bevor sie weiter brausen. Eine alte Frau am Straßenrand schaut verwundert auf die Kolonne, als sie den Ortseingang der 200-Seelen-Gemeinde passiert. Was ist hier nur los? Es ist Sonntag, der 30. Juni 2013 – und das Jahresfest des Evangelischen Gemeindeverbands Fogarasch wird in Seligstadt gefeiert.
Aus allen umliegenden Orten sind die Gemeindeglieder angereist – Bekokten, Scharosch, Rohrbach, Felmern, Fogarasch, aber einige auch aus Schäßburg und Kronstadt.
Der Aufgang zur Seligstädter Kirche, eine alte Steintreppe, mehr schief als gerade, hat schon lange nicht mehr so viele Füße getragen. Um die 60 Menschen sind zum Gottesdienst gekommen, der von Pfarrer Johannes Klein auf deutsch und rumänisch gehalten wird.
Musikalisch und schauspielerisch untermalt wird dieser von dem Musical „Paulus – einer von uns", aufgeführt vom großen Singkreis unter der Leitung von Christiane Neubert. Auch Wolfgang Wittstock vom DFDR Kronstadt, welches das Fest mitfinanziert hat, spricht einige Worte. Er zeigt sich beeindruckt von den Aktivitäten in der Seligstädter Kirchenburg, die er zuletzt vor 23 Jahren besucht hat und dem Verfall schon preisgegeben sah.
Nach dem Mittagessen gibt es verschiedene Angebote für Kinder und Erwachsene. Besonders das vor kurzem eröffnete Dorfmuseum von Erich Lukas, einem ausgewanderten und wieder eingewanderten Seligstädter, ruft bei den Besuchern Begeisterung hervor. Viele Jahre lang hat Erich Lukas Artefakte aus dem sächsischen Dorfleben, von Brottrögen über Pfeffermühlen und Webstuhl bis zur Pferdekutsche gesammelt. Diese stellt er nun für Besucher in einem renovierten sächsischen Bauernhaus aus.
Währenddessen ist auch im Festzelt gute Stimmung: Der Fo-
garascher Chor animiert die Leute zum Mitsingen und -tanzen, und man glaubt es kaum: letzteres funktioniert sogar im Sitzen auf den Bierbänken.
Um 15 Uhr ist der Kultursaal zum Platzen voll: zu den Gemeindefestbesuchern ist noch eine Gruppe Hermannstädter Jugendlicher gestoßen, die derzeit ein Sprachferienlager in Bekokten besuchen. Die Komödie „Götter, Glocken, Gläubige" ist ein unterhaltsamer Abschluss des Gemeindefestes. Christiane Hess vom Hannoverschen „theater am barg" ist mit ihrem Stück derzeit auf Siebenbürgen-Tour und wird in den Medien gern als „Frau der 1000 Gesichter" zitiert. Das ist tatsächlich keine Untertreibung. Blitzschnell wechselt Hess die Rollen, interagiert mit dem Publikum und hat die Lacher auf ihrer Seite.
So geht das Gemeindefest fröhlich zu Ende. Nach und nach leert sich das Gelände der Kirchenburg wieder. In einigen Tagen kommen schon neue Gäste aus Kroatien und Rumänien. Der Staub auf der Landstraße nach Seligstadt wird über den Sommer noch öfter aufgewirbelt werden.
Anne WIEBELITZ
Foto: Gottesdienstbesucher vor der Seligstädter Kirche.
Foto: Anne WIEBELITZ