„Vun noh uch färr“

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Ausgabe Nr. 2338
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Kronenfest als Fest der Gemeinschaft in Kerz am Alt

 

Sie haben das Kronenfest nicht erfunden, aber sie haben es sich irgendwann nach der Wende zur Aufgabe gemacht, am Johannistag Gemeinschaft zu pflegen, nicht nur unter sich, sondern mit Gästen vun noh uch färr" (von nah und fern), wie das in Programmheftchen formuliert wurde. Die Kerzer evangelische Kirchengemeinde und ihr Pfarrer Michael Reger erwiesen sich auch in diesem Jahr mit Unterstützung des Hermannstädter Deutschen Forums als ausgezeichnete Gastgeber.

Das Kronenfest wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge als Bezirksgemeindefest veranstaltet und dazu kamen ca. 300 Gäste aus allen Gemeinden des evangelischen Kirchenbezirks Hermannstadt, da an diesem Sonntag außer in Hermannstadt nur in Kerz ein Gottesdienst stattfand.

In der Kerzer evangelischen Kirche, dem früheren Chorraum der imposanten Kirche der Zisterzienserabtei, waren alle Plätze belegt und Pfarrer Michael Reger sagte: „Es freut mich, dass es wieder fast nicht reicht." Reger wandelte Erich Kästners Zitat „Stellt euch vor, es ist Krieg und niemand geht hin" um und fragte in die Runde: „Stellt euch vor, es ist Kronenfest in Kerz und keiner kommt dazu, wäre das nicht traurig? Aber wir haben heute allen Grund zum Jubeln, weil wir so viele sind." Dem Jubel schloss sich auch Dechant Dietrich Galter an, der seiner Freude Ausdruck verlieh, dass dies Fest, das heuer am Vortag des Johannistags, dem Geburtstag von Johannes dem Täufer, nun als Bezirksgemeindefest gefeiert wird.

Von Johannes, dem Wegbereiter des Messias und des Heils, sprach auch Bischof Reinhart Guib in seiner Predigt zu Matthäus 11, wo es darum geht, was vor Gott klein bzw. groß ist. Auf die Situation der evangelischen Kirche A. B. in Rumänien gemünzt, die auf eine „große" Vergangenheit zurückblicken könne, mag die Gegenwart mit den schrumpfenden und zum Teil ausgestorbenen Gemeinden „klein" erscheinen, sagte Guib. Doch wer wie Johannes der Täufer Gott an die zentrale Stelle in seinem Leben stellt, seine Botschaft nicht dem anpasst, was die Leute hören wollen, dürfe erleben, wie Kleines Groß wird und umgekehrt. Das Wissen, dass Gott das letzte Wort hat, der Zusammenschluss der Gemeinde, die Öffnung der Kirche gegenüber anderen, als dies berge die Chance, „die uns Kleine auch groß machen kann", schlussfolgerte Guib.

Das Fest im Anschluss bestätigte, was der Bischof gemeint hatte: Freude an der Gemeinschaft hat mit Qualität zu tun und nicht mit Quantität. Und die Qualität stimmte: sowohl bei dem von den Kerzer Frauen und Männern vorbereiteten gemeinsamen Mittagessen, als auch beim Umzug und dem Aufstellen der Krone, bei der Tanzdarbietung der Brukenthalschüler und der Kerzer Vorschulkinder, beim Konzert der Hermannstädter „Sälwerfäddem" und beim Vortrag von Gedichten in der siebenbürgisch-sächsischen Mundart durch Walter Gottfried Seidner und Oswald Kessler.

Beatrice UNGAR

Foto: Mehr als 300 Teilnehmende aus dem Hermannstädter evangelischen Kirchenbezirk und darüber hinaus scharten sich am Sonntag um den Kronenbaum in Kerz.

Foto: Fred NUSS

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.