Ausgabe Nr. 2338
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Bei der diesjährigen Hermannstädter Auflage des TIFF gab es für jeden etwas
40 Filme an 5 Tagen. Das nahmen sich die Organisatoren um Tudor Giurgiu für die diesjährige Auflage des TIFF Hermannstadt vor. Der Monat Juni war der Monat der Kultur in Hermannstadt. Kaum endete das Theaterfestival mit seinem vollen Programm, da begann schon das nächste Festival, das sich dem Genre „Film“ widmete. Das in Klausenburg hoch gepriesene Transilvania International Film Festival, kurz TIFF genannt, hat sich zur rumänischen Variante der „Cannes Filmfestspiele“ gemausert.
Nachdem TIFF in Bukarest zu Gast war, besuchte das Filmfestival zwischen dem 19. und 23. Juni auch Hermannstadt. Die Orte, an denen Filme projiziert wurden, waren die gleichen wie im vergangenen Jahr. Die meisten Filme konnte man jedoch im Gong-Theater und im Habitus-Zentrum sehen. Kino im Freien gab es auf dem Großen Ring und in Freilichtmuseum Die Preise für die Eintrittskarten waren mehr als symbolisch. Für 7 Lei kommt man sonst nirgends mehr in einen Kinosaal hinein.
Da Hermannstadt eine kulturelle Stadt ist, bemühten sich die Organisatoren auch in diesem Jahr, Filme zu Themen zu wählen, die das Interesse des hiesigen Publikums wecken sollten. Musik, Tanz, Literatur, Architektur, Skulptur und Theater waren Themen der Spiel- und Dokumentarfilme.
So ging es im Film „Glastopia“ (Regie Julian Temple) um das weltweite größte Musikfestival in Glastonbury. Träume und Utopien der Festivalbesucher werden vorgestellt. Der Film fand trotz später Stunde im Music Pub am Kleinen Ring einige junge Zuschauer. Das Thema Architektur wurde im Dokumentarfilm „Human Scale“ (Regie Andreas M. Dalsgaard) angesprochen. Laut einer Stu die werden Menschen weltweit zu 80 Prozent in den Städten leben. Jan Gehl, ein bekannter Architekt plant Städte, die den Bedürfnissen der künftigen Bewohner entsprechen sollen. Im Habitus-Zentrum fanden sich am Freitagmittag nur wenige Besucher ein, um den Film zu sehen. Das lag aber vor allem an der frühen Uhrzeit an einem Arbeitstag. Auch beim nächsten Film „Exposed“ (Regie Beth B.), der das Thema New Burlesque aufgreift, waren nicht mehrere Zuschauer dabei. Der Dokumentarfilm war nur ab 18 freigegeben und zeigte das Leben mehrerer Tänzerinnen und Tänzer privat und auf der Bühne. New Burlesque ist eine eigenständige Form des erotischen Tanzes, bei dem Frauen und Travestiekünstler in humorvoll-fantasievoller Weise auftreten.
Ebenfalls nicht jugendfrei war der Film von Angela Christlieb über den exzentrischen und faszinierenden Jungmanager und Opernfan Marc Rollinger aus Luxemburg, der am Samstagnachmittag gezeigt wurde. „Naked Opera" lautete der Titel des Films, der Rollinger begleitet auf seinen Reisen in die Welt der Oper – Rollinger versucht, überall hin zu fahren, wo Mozarts „Don Giovanni" aufgeführt wird – und in die Welt der gleichgeschlechtlichen Liebe. Die Stärke des Films liegt darin, dass nicht dick aufgetragen wird. Der Protagonist gewährt in teils opulentem aber immer geschmackvollem Ambiente den Zuschauern Einblick in seine Beziehungen zu unterschiedlichen jungen Männern, die er humorvoll kommentiert. Frei von der Leber weg erzählt er von seiner Krankheit, lässt sich auch mal beim Entfernen der Fäden nach einer OP filmen. Und im übrigen macht Rollinger es dem Filmteam nicht immer einfach, was der Dokumentation zusätzlich Würze verleiht. Der Film feierte seine Weltpremiere bei den diesjährigen Berliner Filmfestspielen und die Filmemacherin Angela Christlieb erhielt dafür den Heinz Carow-Preis, der in diesem Jahr erstmals verliehen wurde.
Hitchcock-Fans kamen beim TIFF auf ihre Kosten. Der Horror-Klassiker „Die Vögel“ und der Spielfilm „Hitchcock“ (Regie Sacha Gervasi) mit Anthony Hopkins, Helen Mirren und Scarlett Johansson wurden im Gong-Theater kostenlos gezeigt. „Hitchcock“ aus dem Jahr 2012 erzählt von der Beziehung eines der größten Regisseure aller Zeiten zu seiner Ehefrau während des Drehs zu „Psycho“, seinem wohl berühmtesten Film.
Die meisten Zuschauer, etwa 2.500 an der Zahl schauten sich die Filme im Freien, auf dem Großen Ring an. Jeden Abend wurde hier ab 22 Uhr auf einer aufblasbaren Leinwand vor der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche ein Film projiziert. Am ersten Abend war „E pericoloso sporgersi“ (Regie Nae Caranfil) im Programm. Der Donnerstagabend wurde vor allem von den Fans der Rockmusik lange ersehnt. Die moldauische Band „Zdob si Zdub“ begeisterte mit ihren Hits wie „Videli noci“ oder „DJ Vasile“. Als Vorband traten die Hermannstädter von „Domino“ auf. Nach den beiden Konzerten wurde die Premiere des Films „Funeralii fericite“ gezeigt, in der Regie und mit Horațiu Mălăele als Hauptdarsteller. Bei der Vorstellung waren auch Teilnehmer der Filmcrew dabei. Drehbuchautor Adrian Lustig über den Film: „Ich werde oft gefragt, in welche Kategorie der Film gehört. Ist es ein Drama, eine schwarze Komödie oder eine tödliche Komödie? Ich sage, er gehört zu einer seltenen Kategorie: Es ist ein schöner Film.“ Das fanden auch die Zuschauer auf dem Großen Ring, die den Schauspielern einen minutenlangen Stehapplaus widmeten.
Nicht an allen Tagen war eine Filmvorstellung draußen möglich. Am Samstagabend musste die Ausstrahlung des Blockbusters „Life of Pi“ auf der Bühne am See im Freilichtmuseum wegen eines starken Gewitters unterbrochen werden. Der Film wurde auf den Sonntagabend verschoben. Auf dem Großen Ring harrten die Menschen am Samstagabend trotz des strömenden Regens aus und der Film, der ironischerweise auch noch „Cloud Atlas“ (deutsch Wolkenatlas) hieß, wurde nicht unterbrochen.
In Michelsberg war die Vorstellung des Films „Samsara“ (Regie Ron Fricke) am Freitagabend so überlaufen, dass die Organisatoren am Samstagabend noch eine Projektion einplanten.
Das diesjährige Transilvania Filmfestival endete am Sonntagabend mit der Vorführung der neuesten „Anna Karenina“-Verfilmung am Großen Ring Es ist die 13. Verfilmung des Tolstoi-Klassikers, in der Hollywoodstars wie Keira Knightley und Jude Law in den Hauptrollen unter der Regieanweisung von Joe Wright spielen.
Cynthia PINTER
Bis zum letzten Platz besetzt war die romanische Kirche auf der Michelsberger Burg, wo am Freitagabend der Dokumentarfilm „Samsara“ von Ron Fricke gezeigt wurde.
Foto: Dragoș DUMITRU