Zum Abschluss des 20. Internationalen Hermannstädter Theaterfestivals
Rappelvoll war der Große Ring am Sonntagabend beim Konzert der rumänischen Diva Loredana Groza, die sich seit einigen Jahren nur noch Loredana nennt. Die einstige Schlagersängerin ist auf Ethno-Pop übergegangen und feiert zur Zeit riesige Charterfolge. Lieder wie „Le-Le“ oder „Zig-Zagga“ ließen die Hermannstädter im Reigen tanzen. Das Konzert endete mit dem Schlager „Bună seara iubite“ (Guten Abend, Geliebter) aus dem Jahr 1988, zu dem alle Zuschauer ihre Handys in Richtung Bühne leuchten ließen.
Zum krönenden Abschluss der 20. Ausgabe des Theaterfestivals war wie in den vergangenen Jahren auch eine spektakuläre Show auf dem Großen Ring im Programm. Diesmal gab man den Belgiern vom Theater Tol diese Ehre. Mit dem Stück „Pedalând spre cer“ („Gen Himmel radelnd“) schwebten die Engelsgestalten ganz in weiß gekleidet über die Köpfe der Festivalbesucher. Dazu kam eine Sopranistin, die in einem großen roten Kleid „Ave Maria“ von Franz Schubert sang. Es regnete mit weißen Luftballons und buntem Konfetti. Zum Schluss durfte das Spiel mit dem Feuer nicht fehlen. Pünktlich um Mitternacht wurde das Feuerwerk gezündet, das eine erfolgreiche 20. Jubiläumsausgabe beendete. Den Erfolg kann man daran messen, dass jedem etwas gefallen hat während der zehn Festivalstage.
So z. B. „Wie es euch gefällt”, vom Kote Marjanishvili Theater aus Georgien, auch wenn die Zuschauer anfangs von der spärlichen Übersetzung überrascht wurden. Wer Shakespeares Theaterstück kannte, hatte es natürlich einfacher, denn ein 10-minütiger Wortschwall der georgischen Schauspieler wurde eigentlich etwa so übersetzt: „Lord Jacques philosophiert über das Leben und die Welt”. Das Stück begeisterte trotzdem, denn man hatte Zeit, sich weniger auf den Text und mehr auf das Spiel, auf die wunderbaren Kostüme und das schöne Bühnenbild zu konzentrieren. Das Stück wurde einerseits klassisch aufgeführt, andrerseits waren alle Schauspieler die ganze Zeit über auf die Bühne. Aufgestellt war hier eine kleinere Bühne, wo sich die Handlung abspielte, die anderen Schauspieler machten sich daneben zu schaffen und warteten auf den eigenen Einsatz.
Mit begeistertem Applaus wurden die Schauspieler belohnt, genauso wie beim Stück der Hermannstädter am selben Abend, nach Bulgakovs Text „Der Meister und Margarita”. Und obwohl die Vorstellung einerseits bis gegen Mitternacht dauerte, andererseits in Hermannstadt bestimmt noch zu sehen sein wird, da die Koproduktion erst vor Kurzem Premiere hatte, war der Saal voll und die Schauspieler gaben ihr Bestes. Und einige Hermannstädter Zuschauer versprachen, bei der nächsten Aufführung nochmals mit Freunden dabei zu sein.
Nicht so sehr begeisterte das Stück „Equus” der Theaterstudenten aus Neumarkt. Einerseits war die Aufführung an sich zu verwirrend und uneinheitlich. Außerdem ließ die Figurenentwicklung zu wünschen übrig, viele von ihnen schienen nur der Einfachheit zuliebe vereinfacht zu sein, und die Studenten schienen auch recht unvorbereitet zu sein, denn inklusive die Aussprache ließ zu wünschen übrig.
Nur eine nächste Koproduktion ließ dann am Freitagabend in der Balanţa-Halle wiederum die „Woyzeck"-Inszenierung durch den rumänischen Regisseur Vlad Massaci, die zu Jahresbeginn in Luxemburg Premiere feierte, zu wünschen übrig. Das Bühnenbild gestaltete wie immer mit viel Einfühlungsvermögen Dragoş Buhagiar, die Choreographie hatte Florin Fieroiu inne und die musikalische Gestaltung Vasile Șirli.
Das Luxemburger Wort schrieb zur Premiere im Escher Theater: „Massacis Inszenierung, eine Koproduktion der 'Théâtres de la Ville de Luxembourg', des Escher Theater und des Nationaltheaters 'Radu Stanca' aus Sibiu ist hierbei bereits vorab ein erfreulicher Beweis, dass das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2007 nicht gänzlich spurlos an der hiesigen Theaterszene vorbeigezogen ist, und der Brückenschlag nach Rumänien durchaus Bestand hat."
Der theatralische Höhepunkt der französischen Präsenz beim Festival, „Die Wiedervereinigung Koreas" in der Regie von Joel Pommerat ging dann am Samstag im Dunkel bzw. Halbdunkel über die Bühne im Sportsaal des Goga-Lyzeums. Die ausgezeichnete Inszenierung am Pariser Odéon-Théatre de l'Europe war für alle Anwesenden ein Hochgenuss.
Cynthia PINTER
Ruxandra STӐNESCU
Beatrice UNGAR
Foto 1: Spektakulär und schwindelerregend: Die Show der belgischen Artisten vom Theater Tol.
Foto: Cynthia PINTER
Foto 2: Szenenfoto aus „Wie es euch gefällt".
Foto: Sebastian MARCOVICI