Die totale Überraschung

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Ausgabe Nr. 2335
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Gespräch mit dem Filmemacher Cristian Mungiu

 

Der rumänische Regisseur Cristian Mungiu wurde am Montag der Vorwoche mit drei anderen Persönlichkeiten aus dem internationalen Film vom französischen Staat zum Officier des Arts et des Lettres ausgezeichnet. In ihrer Würdigung ging die französische Kulturministerin Aurélie Filippetti auf sein doppeltes Studium ein, erst anglophone Literatur und dann Film, seine Karriere bis jetzt und seine Devise, jede Geschichte auf die beste Weise zu erzählen. Und sie zitierte Bertrand Tavernier, bei dessen Captain Cook" er einst assistierte: „Jeder Film von Cristian Mungiu ist ein Schock und ein Wunder.“ Mit Cristian Mungiu sprach der HZ-Korrespondent Claus Rehnig in Cannes.

 

Wie sieht die Arbeit eines Jurymitglieds aus?

Man ist wie ein normaler Zuschauer. Man sieht den Film als Zuschauer und nicht als Professioneller. Danach sprechen wir über den Film um zu verstehen, was der Regisseur machen wollte. Und wir kommunizieren über unsere Wertvorstellungen vom Kino. Wir haben bereits Dinge in Filmen gefunden, die uns alle ansprechen. Und ich hoffe wir finden die richtigen Kriterien, um den Sieger zu finden.

An was arbeiten Sie außerhalb des Festivals?

Ich arbeite an einer wahren Geschichte, die in der heutigen Zeit spielt und dokumentiere mich darüber. Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres machen wir eine Komödie daraus, weil ich glaube, dass es für Rumänien wichtig ist, ein größeres Publikum zu finden und etwas populärere Filme zu machen.  Als Regisseur behalte ich meine Ideen vom Kino, aber als Produzent versuche ich, ein populäreres Kino zu machen.

Was bedeutet diese Zeremonie für Sie?

Das ist ein Zeichen des Respekts für mich, aber auch die anderen rumänischen Filmemacher, so sehe ich das. Ich bin nur derjenige, der im Augenblick am bekanntesten ist wegen der Palme aber da ist eine Generation sehr guter Filmemacher. Für uns ist das sehr wichtig weil ich glaube, dass die Kultur eine wichtigere Rolle in Rumänien spielen sollte. Es bedeutet, dass Frankreich die rumänischen Künstler anerkennt und das ist etwas, was die Offiziellen in Rumänien verstehen sollten. Es ist wichtig, in die Kultur zu investieren, aber auch in die Bildung, wenn man weiterkommen will. Wir als Künstler tun jetzt, was wir können, aber es wäre wichtig, dass auch auf anderer Ebene etwas geschieht.

Wie gefällt Ihnen Cannes?

Ich liebe Cannes, weil ich hier immer das Gefühl habe, das Kino sei die wichtigste Sache der Welt, was natürlich nicht stimmt. Für zwei Wochen ist das gut; da zu leben wo alle nur über das Kino sprechen. Und für mich ist das die Möglichkeit Filme zu sehen. Denn ich schaue mir nie die Filme an, wenn ich selbst einen Film hier habe. Jetzt kann ich die Filme auf die schönste Weise entdecken. Für jeden Film ist es die Weltpremiere, ich habe vorher nichts darüber gelesen. Die totale Überraschung. Eine wunderbare Art, Filme zu sehen.

Danke für das Gespräch.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kultur.