Ständchen an vier Orgeln

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Ausgabe Nr. 2331
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Orgelbauer Ferdinand Stemmer wurde 65

 

Gleich vier ehrwürdige Damen ertönten zu Ehren des Jubilars Ferdinand Stemmer zum Abschluss des Sonderkonzerts in der Schwarzen Kirche in Kronstadt am Samstag, den 27. April. Bei den Damen" handelte es sich um Orgeln, die als Königinnen der Instrumente gelten. Aber da jede ihre ganz eigene Stimmlage besitzt, konnten nicht alle vier auf einmal erklingen, um das Gehör der Anwesenden nicht zu strapazieren. Eine kleine Kostprobe gab es trotdzem, mit Vorwarnung allerdings, ausgesprochen von Steffen Schlandt, dem Organisten der Honterusgemeinde Kronstadt.

 Dieser war es auch, der durch seine Offenheit dazu beigetragen hat, dass der Schweizer Orgelbauer Ferdinand Stemmer regelrecht kleben blieb in Siebenbürgen und sich mit Herz und Seele und natürlich mit handwerklichem und fundiertem Können einsetzt für den Erhalt der historischen Orgellandschaft. Steffen Schlandt nämlich hörte eines Tages 1995 das Klopfen Stemmers an die Tore der Schwarzen Kirche, ließ ihn und seine Begleiter ein und spielte ihnen eine Kostprobe auf der „Hausorgel" der Schwarzen Kirche, der Orgel von Carl August Buchholz (1839). Als der Schweizer Orgelbauer erfuhr, dass die Orgel von Carl Hesse (1861), die ursprünglich in der evangelischen Kirche in Passbusch im Kreis Bistritz stand, damals schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr bespielbar war, „funkte" es bei ihm. Das erste Projekt in Kronstadt war geboren. Die Orgel wurde zerlegt und in die Werkstatt Stemmers nach Zumikon gebracht. Im Oktober 1995 wurde sie in der Schwarzen Kirche eingeweiht. Das war aber nur der Anfang. Um die Nachhaltigkeit der Orgelpflege in Siebenbürgen zu gewährleisten, und um Spenden für deren Restaurierung zu sammeln, gründete Stemmer 1999 die Schweizerische Stiftung für Orgeln in Rumänien. Diese Stiftung betreibt seit genau zehn Jahren in Honigberg eine Orgelbauwerkstatt und eine Schreinerei. In dieser Werkstatt werden junge Leute zu Orgelbauern und Kunstschreinern ausgebildet. In dieser Werkstatt wurde z. B. die älteste der vier Orgeln, die am 27. April in der Schwarzen Kirche ertönten, restauriert. Es handelt sich um die Orgel aus Reps von 1699.

So war es eine schöne Fügung, dass das Konzert zur Verabschiedung der Bodendorfer Orgel, die zurückgeführt wird in die Martinsberger Kirche, genau am 65. Geburtstag von Ferdinand Stemmer stattfand. Die Bodendorfer Orgel, eine Orgel von Hahn junior aus 1805, wurde vor Beginn der Sanierungsarbeiten in der Kirche am Martinsberg in Kronstadt abgebaut und in die Schwarze Kirche gestellt.  Nun seien laut Pfarrer Martin Meyer die Arbeiten abgeschlossen und die inzwischen ebenfalls restaurierte Orgel darf wieder an ihren Platz zurück.

Eines haben die vier Orgeln nämlich gemeinsam. Alle vier   gingen sozusagen durch Stemmers kundige Hände.

Das Konzert war eine einmalige Gelegenheit, die restaurierten Orgeln zusammen zu erleben, und die Schwarze Kirche war bis zum letzten Platz gefüllt. Da jede Orgel anders intoniert ist, suchten die sieben Organisten entsprechende Stücke für jede aus, erklärte Eckart Schlandt. Die klangstärkste Buchholz-Orgel musste sich etwas „zurücknehmen", um auch ihre kleineren Schwestern zur Geltung kommen zu lassen. Auf dieser Orgel spielte der Bukarester Marcel Costea eine lautmalerisch ausgefeilte Eigenkomposition, „Dealuri şi ceață din suita imagini transilvane" (Hügel und Nebel aus der Suite Siebenbürgische Bilder) und Eckart Schlandt Richard Wagners „Kartfreitagszauber" aus „Parsifal".

Zu Beginn hatte Erich Türk (Klausenburg) die „Fantasia chromatica" von Jan Pieterszon Sweelinck (1562-1621) an der Repser Orgel erklingen lassen. Ebenfalls an der Repser Orgel spielte Dan Racoveanu (Bukarest)  „Courante met variaties” von Peeter Cornet (ca. 1575-1633) und „Toccata II” von J. J. Froberger (1616-1667). An der Hesse-Orgel begleitete Paul Cristian (Kronstadt) seine Frau Elena Cristian (Violine) bei der Sonate in d-Moll von Antonio Maria Montanari (1676-1737). Danach ließen Paul Cristian und sein Vater Horia Cristian an dieser Orgel vierhändig Adolf Friedrich Hesses (1809-1863) „Fantasia in c-Moll” erklingen. Schließlich spielte Steffen Schlandt auf der Bodendorfer Orgel ein „Allegro" von Johann Helmich (1694-1758) und die „Fantasia & Fuga in c-Moll" von Carl Philipp Emmanuel Bach (1714-1788).

Den krönenden Abschluss bot ein „Tetralog" der vier Orgeln, die konsekutiv das „Te Deum Prelude" von Marc-Antoine Charpentier (1643-1704) erklingen ließen.

Wer bei der Geburtstagsfeier Stemmers dabei war, begriff, warum er in Rumänien gefeiert hat: Hier hat er zahlreiche Freunde gefunden. Und einer der ehemaligen Lehrlinge der Orgelwerkstatt sorgte mit seiner kleinen Band für die musikalische Untermalung. Die derzeitigen Lehrlinge schenkten ihrem Meister einen „Orgelstuhl", dessen Sitz mit einem Blasebalg  und dessen Rücklehne mit vier Orgelpfeifen versehen ist.   

Beatrice UNGAR

Foto: Ferdinand Stemmer vor der Schwarzen Kirche in Kronstadt.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kultur.