Ausgabe Nr. 2334
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Zur Tagung „Schriftsteller versus Übersetzer" an der Lucian Blaga-Universität
Das „kleine“ Hermannstadt hat außer den schon etablierten Festivals so viele große Veranstaltungen, dass es sinnvoll schien, sie unter einem Motto zu bündeln. Das Jahr 2013 soll Hermannstadt als Universitätsstadt bekannt machen – unter dem Motto und Logo „Sibiu Smart“. Eine der in diesem Rahmen vom Stadtrat geförderten Veranstaltungen fand vom 23. bis 25. Mai an der Philologie-Fakultät der Lucian Blaga-Universität statt. Die Tagung „Schriftsteller versus Übersetzer. Begegnungen im deutsch-rumänischen Kulturfeld“ wurde von der dortigen Germanistikabteilung in schon bewährter Zusammenarbeit mit dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians Universität München veranstaltet, zusätzlich gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Minderheiten-Departement der rumänischen Regierung.
Nach der Eröffnung durch die zwei Hauptorganisatoren, Maria Sass, Leiterin des Departements für anglo-amerikanische und germanistische Studien, und Stefan Sienerth, Direktor des oben genannten Münchner Instituts, so wie auch durch Alexandra Mitrea, Dekanin der Fakultät für Philologie und Theaterwissenschaften, begann der wissenschaftliche Teil mit einer Vielzahl von hochkarätigen Vorträgen, die sich zum Teil theoretischen Aspekten des Übersetzens allgemein widmeten (so sprach Prof. Lehmann aus Tübingen zur Theorie und Geschichte der literarischen Übersetzungen), zum Teil konkret auf eigene Übersetzungsarbeiten bezogen, so referierte z.B. Ernest Wichner über Erfahrungen beim Übersetzen von Werken M.(ax) Blechers. Auch ging es um Übersetzertätigkeiten in einem bestimmten historischen Kontext; bei Peter Motzan um die Übersetzungen rumänischer Gegenwartsliteratur in der Zeitschrift „Neue Literatur“, die von 1958-1992 in Bukarest erschien (mit Vorläuferpublikationen in Temeswar und nachträglichen sporadischen Veröffentlichungen in Deutschland), bei Stefan Sienerth um Harald Krassers interkulturelle Vermittlungstätigkeit im Zeichen zweier Diktaturen.
Andere Referenten analysierten die Übersetzertätigkeit bekannter Dichter. Horst Schuller untersuchte das Oeuvre Paul Celans, der in diesem Bereich äußerst rege tätig war, aus sieben Sprachen und den Werken von etwa 60 Autoren übersetzt hat, und die Übersetzungen als zu seinem dichterischen Werk gehörig betrachtete. Maria Sass sprach über die Übersetzertätigkeit Stefan Octavian Iosifs.
Eine willkommene Ergänzung und ein intellektuelles Vergnügen bot die gemeinsame Lesung der Schriftsteller Nora Iuga und Joachim Wittstock, die sich gegenseitig übersetzt haben. Beim Dichter Franz Hodjak ging es nicht um eigene Werke, sondern er las seine Übersetzungen rumänischer Lyrik ins Deutsche vor. Eine dritte Spielart wiederum boten die Lesungen der jungen rumänischen Autoren Filip Florian und Radu Vancu, deren Werke auszugsweise von Rodica Miclea und Nora Căpățână übersetzt worden waren.
Cosmin Dragoste, Nora Căpățână und Doris Sava präsentierten sehr anschaulich Überlegungen zur Übersetzung schwieriger Textstellen aus Werken unterschiedlicher Dichter, seien es eigene Übersetzungsversuche oder die anderer Autoren.
Zu erwähnen seien auch die sehr interessanten Beiträge, in denen es nicht um literarische Übersetzungen ging, sondern um die Schwierigkeiten beim Übersetzen rumänischer Filme ins Deutsche (Günther Czernetzky), der Sitzungsprotokolle des Hermannstädter Magistrats aus dem 16. Jh. (Carmen Popa, Ioana Constantin) oder der Securitate-Unterlagen. Zu Letzterem referierte William Totok, der sich als Betroffener seit Jahren mit der Recherche bezüglich der Securitate-Akten befasst. Um die Ergebnisse auch dem deutschen Sprachraum zugänglich zu machen, müssen sie übersetzt werden, wobei auf eine ganze Anzahl sprachlich feiner Differenzierungen zu achten ist, da diese manchmal den Unterschied von Opfer und Täter ausmachen, wobei das Verständnis dafür natürlich auch schon im Bezug auf die Ausgangssprache Rumänisch angebracht ist.
Die gut besuchte Tagung, zu der auch Masteranden und Doktoranden der Germanistikabteilung dazu kamen, war mit ihrem umfangreichen und anspruchsvollen Programm ein Gewinn für alle, die dabei sein konnten.
Sunhild GALTER
Foto: Franz Hodjak (Bildmitte) wurde beim diesjährigen Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl der Siebenbürgisch-sächsische Kulturpreis verliehen. Die Laudatio hielt Dr. Jürgen Lehmann (links), ein Grußwort sprach Dr. Bernd Fabritius (rechts), der Bundesvorsitzende des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland.
Foto: Konrad KLEIN