„Nachdenklich machen und berühren“

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Dr. Carol König sprach in München mit der Regisseurin Brigitte Drodtloff
Ausgabe Nr. 2510
 

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Die Rumänischen Kulturtage in München fanden in diesem Jahr in der Zeitspanne vom 17. November bis 11. Dezember statt. Veranstalter war die Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition e. V. in München, unterstützt von der Bayerischen Staatskanzlei, dem Kulturreferat der Stadt München und dem Filmmuseum der Stadt München. Weitere Einzelheiten können auf der Website www.ge-fo-rum.de abgerufen werden. Vorsitzende der Gesellschaft ist die erfolgreiche Drehbuchautorin, Dramaturgin und Regisseurin Brigitte Drodtloff. Drodtloff ist 1959 in Bukarest geboren und hat als Kind sieben Jahre lang die Kindersendung im Rahmen der deutschen Sendung im Rumänischen Staatsfernsehen moderiert. Nach ihrem Studium an der Theater- und Filmhochschule in Bukarest wanderte sie nach Deutschland aus. Sie hat u. a. 2010 und 2011 als Drehbuchautorin und Regisseurin an der deutschen Abteilung des Radu Stanca-Nationaltheaters in Hermannstadt drei Premieren herausgebracht: Friedrich Schillers Die Räuber“ (2011), Vater/Anatomie eines Mordes“ und Prah/Anatomie einer Angst“ (beide von György Spiró, 2010). Bei den Rumänischen Kulturtagen in München dabei war der langjährige Direktor im Kulturministerium, Dr. Carol König, der bei diesem Anlass mit Drodtloff folgendes Gespräch geführt hat:

 

Sie sind die Vorsitzende der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und Tradition e.V. in München, Deutschland. Können Sie uns eine kurze Beschreibung dieses Vereins und der Ziele, die Sie sich gesetzt haben, geben?

Vielen Dank für Ihr Interesse an der Aktivität unseres Vereins. Ge-Fo-Rum (der verkürzte Name unserer Gesellschaft) ist ein Kulturverein, der seit 12 Jahren besteht und auf die vorherige Tradition der Kulturveranstaltungen basiert, die Herr Theodor Christen ins Leben gerufen hat. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das etwas angekratzte, ja gar falsche Image über Rumänien ein wenig zurecht zu rücken. Und wir glauben daran, dass eine der besten Brücken zur Verständigung zweier Nationen eben die Kultur ist. Das hiesige Publikum ist immer wieder überrascht darüber, was wir jedes Jahr an kulturelle Veranstaltungen aus Rumänien bieten können: Theaterstücke, klassische Konzerte, Tanzvorstellungen, Vernissagen mit Bildern, Fotos und Skulpturen, Lesungen, Podiumsdiskussionen, kulinarische Erfahrungen, Chöre, außergewöhnliche Musik-Interpreten. Parallel dazu organisieren wir seit 11 Jahren auch das, mittlerweile größte, Filmfestival Rumänischer Filme außerhalb Rumäniens.

Mit welchen Institutionen aus Rumänien haben Sie bisher zusammengearbeitet? Haben Sie nur logistische oder auch finanzielle Unterstützung erhalten? Wie hat die Zusammenarbeit funktioniert und haben Sie eventuelle Verbesserungsvorschläge?

Wir haben im Laufe der Jahre regelmäßig und am besten mit dem Rumänischen Kulturinstitut ICR aus Bukarest und Berlin und für das Filmfestival mit dem Zentrum des Nationalen Filmes, dem CNC, zusammengearbeitet. Diese zwei Institutionen haben uns regelmäßig und zuverlässig sowohl finanziell, als auch logistisch unterstützt. Leider hatten wir mit dem Kulturministerium und dem Außenministerium nicht immer gute Erfahrungen. Es liegt aber auch an dem ständigen Wechsel in der Führung dieser Institutionen – also waren wir immer wieder von den jeweiligen neuen Ministern im Amt abhängig. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit in Zukunft übersichtlicher und sicherer wird.

Haben Sie denn Unterstützung von den deutschen Behörden erhalten?

Allerdings. Und dafür sind wir sehr dankbar. Denn ohne die Bayerische Staatskanzlei, das Kulturreferat der Stadt München und das Filmmuseum der Stadt Münchens hätten wir unsere Veranstaltungen nicht halten können.

Ich habe selber im Laufe der Jahre bei einigen dieser Veranstaltungen teilgenommen und die Vielfalt des Programms festgestellt, das ein breites Spektrum der Rumänischen Kulturlandschaft widerspiegelt. Ich habe mit Freude erkannt, dass das Publikum sowohl aus rumänischen Bürgern aber in großem Maße aus deutschen Zuschauern besteht. Ganz besonders ist mir das aufgefallen, als ich bei Ihrer Präsentation war: „Auf den Spuren des Wunderkindes aus Siebenbürgen – Carl Filtsch“, die Geschichte über den unglaublich talentierten Jungen, der in Mühlbach 1830 geboren wurde und einst ganz Europa mit seinem Talent begeisterte. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Carl Filtsch – seine Geschichte, seine Musik – beschäftigen mich seit über zwölf Jahren. Ich habe ihn und seine außergewöhnlichen Musikkompositionen durch den, leider verstorbenen und sehr geschätzten Peter Szaunig kennengelernt. Ich war sofort fasziniert und zugleich sehr irritiert, dass man in der Klassikwelt dieses fantastische Talent von Carl Filtsch in Vergessenheit hat geraten lassen. Der kleine Junge aus Siebenbürgen hat einst Könige, Kaiser, Fürsten und Grafen mit seinem Klaviertalent begeistert, er wurde der Lieblingsschüler von Chopin und der beste Freund des zukünftigen österreichischen Kaisers Franz Joseph I., der im gleichen Alter war, wie Carl. In Hermannstadt findet seit 20 Jahren ein internationaler Klavierwettbewerb statt, der junge Pianisten aus der ganzen Welt dazu einlädt, die Musik von Carl Filtsch zu interpretieren – und trotzdem hört man kaum etwas in der internationalen Presse davon und seine Musik wird kaum gespielt. Also habe ich ein Drehbuch geschrieben, das von der FFA-Berlin, der Nationalen Filmförderung in Deutschland gefördert wurde, mit der Absicht, einen Kinofilm zu produzieren. Leider bin ich auf Unverständnis bei Produzenten gestoßen, die noch nie von Carl Filtsch gehört haben. Somit habe ich diese Vorstellung auf die Beine gestellt. Eine Bild- und Filmpräsentation, begleitet von zwei Wunderkindern aus Rumänien: Ștefan Pretuleac und Andrei Preda. Die Vorstellung war ein voller Erfolg! Nun hoffe ich damit auch in andere Städte reisen zu können, um den kleinen Carl Filtsch weiter bekannt zu machen.

Wurden zu den jeweiligen Vorstellungen auch offizielle Vertreter aus Rumänien eingeladen?

Die Rumänischen Kulturtage laufen immer unter der Schirmherrschaft des Generalkonsulats von Rumänien und gemeinsam mit ihnen suchen wir auch Vertreter aus Rumänien aus. In diesem Jahr hat die neu designierte Generalkonsulin von Rumänien für Bayern und Baden-Württemberg, Ramona Chiriac, das Rumänische Filmfest eröffnet.

Haben Sie Ihr Programm der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht?

Ja, wir sind in der Presse, im Radio und durch das Internet sehr präsent.

Was nehmen Sie sich für die Zukunft vor?

Dass wir weiter die rumänische Kultur und die der vielen Minderheiten aus Rumänien dem deutschen Publikum bekannt machen. Wir hoffen dabei endlich auf mehr Unterstützung von den rumänischen Behörden. Und wir freuen uns über weitere kulturelle Beiträge aus Rumänien, die das Publikum in München verzaubert, nachdenklich macht und berührt.

Danke für das Gespräch.

 

Brigitte Drodtloff (rechts) mit dem Schauspieler Marcel Iureș bei den Dreharbeiten für den mehrfach preisgekrönten Spielfilm Omul“ (Der Mensch, 2013).  

Foto: www.brigitte-drodtloff.de

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.